Kapital contra AfD

Das Programm der AfD ist nebem seinem nationalistischen Anteil vor allen Dingen wirtschaftsliberal: Weniger Steuern, weniger staatliche Eingriffe, weniger Sozialausgaben. Doch ist sie deshalb eine Partei des Kapitals. Dies untersuchte Daniel Kindermann von der Universität in Delaware in der Dezemberausgabe der Politics & Society. Für seine Untersuchung interviewte Kindermann über 40 Unternehmer*innen zwischen 2017 und 2020, sowie die Vereinigung Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen und die demokratischen Initiativen des Wirtschaftsverband Industrieller Unternehmen Baden, des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Diese wandten sich mit prodiversen Kampagnen gegen die AfD.

Die AfD nutzt kleinen Unternehmen, schadet den mittleren und berüht die großen nicht

Kindermann unterteilte die Unternehmen in der Folge seiner Untersuchungen in drei Kategorien:

Unternehmen zwischen 50 und 249 Mitarbeiter*innen waren in den Kampagnen gegen die AfD überrepräsentiert. Diese Unternehmen profitieren vom innereuropäischen Freihandel und lehnen daher die EU-feindlichen Positionen der AfD ab. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter*innen seien wiederum zu groß, um effektiv von der Wirtschaftspolitik eines Landes beeinflusst zu werden. Als Global Player mit diversifizierten Standbeinen bieten sich ihnen bei veränderten politischen Rahmenbedingungen neue Geschäftswege. Die Politik der AfD befindet sich somit unter ihrem Radar, wodurch sie sich kaum gegen die AfD engagieren. Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeiter*innen sind die eigentlichen Adressaten der AfD-Politik. Sie profitieren von der vermeintlichen Stärkung des nationalen Marktes durch die AfD.

Vor dieser Einteilung kann Kindermann nun erklären, warum der Maschinen- und Anlagenbau in den Initiativen gegen die AfD sehr häufig vertreten war, während diese beispielsweise für die ebenfalls exportorientiere Automobil- oder Chemieindustrie nicht zutrifft. 87% der Unternehmen im Maschinenbau haben weniger als 250 Mitarbeiter*innen, während Chemie- und Automobilunternehmen zu groß sund und zu viele Möglichkeiten haben, auf einen Politikwechsel in Deutschland zu reagieren, um ein ernsthaftes Interesse am Kampf gegen die AfD zu haben. Von den in den Interviews geäußerten persönlichen Motiven am Engagement sehen wir hier ab.

Ein Puzzlestück in der materialistischen Erklärung der AfD

Die vorgestellte Einteilung Kindermanns hilft, die Ergebnisse der AfD besser zu verstehen und materialistisch zu interpretieren. Es passt beispielsweise, dass die AfD in Mecklenburg-Vorpommern, in welchem mittelständische Unternehmen eine weit höhere Exportabhängigkeit haben als im Rest des Osten Deutschlands auch die AfD weit geringere Stimmenanteile besitzt als in den anderen neuen Bundesländern. Sachsen-Anhalt hingegen, ein Land mit vielen kleinen Betriben und der geringsten Exportquote war noch vor Sachsen das Kernland der AfD. Baden-Württemberg, welches einen höheren Anteil an Unternehmen im Bereich zwischen 50 und 249 Mitarbeiter*innen und mehr Auslandsexporte als Bayern hat, verzeichnet ebenso gernigere AfD-Resultate. Und so weiter.

Natürlich kann diese Betrachtung das Ergebnis der AfD nur teilweise erklären. So muss von einer eher begrenzten Wirkung der Kampagnen gegen die AfD durch die Unternehmerverbände ausgegangen werden. Im Gegensatz dazu kann der eigentlich AfD-Adressat, das Kleinbürgertum und die kleinen Unternehmen, durch den viel unmittelbareren Kontakt zwischen Chefs, Mitarbeiter*innen und Kunden, deren Positionen effektiver verbreiten. Solche Faktoren sollten Marxist*innen zur Erkärungs des Wahlerfolgs der AfD eher analysieren als völkerpsychologische Interpretationen zu Rate zu ziehen.

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