Globales Wertgesetz 2.0

Das Marxsche Wertgesetz, nachdem unabhängig vom staatlichen Handeln Preise und Werte von der Zeit der abstrakten Arbeit abhängen, ist nicht nur von bürgerlichen Ökonom*innen, sondern auch von marxistischen Autor*innen vielerorts kritisiert worden. Insbesondere auf globaler Ebene erscheint es kontraintuitiv. Wird nicht in der kapitalistischen Peripherie weit länger und intensiver gearbeitet, als in den imperialistischen Zentren? Fällt nicht zugleich ausgerechnet dort nur ein Bruchteil des Werts ab? Wie passt das zusammen? Und wenn Wert, wie Marx sagt, eine soziale Kategorie ist, muss sich dann die Abhängigkeit des globalen Südens nicht auch in einem der Realität angemessenen veränderten Wertgesetz widerspiegeln?

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Ausblick auf die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2024: Torkil Lauesens globale Perspektive

Am 13. Januar 2024 findet zum 29. Mal die Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung junge Welt unter dem Motto »Wem gehört die Welt?« im Tempodrom in Berlin statt. Sie wird als Livestream übertragen, Tickets sind aber noch an der Tageskasse erhältlich. Die große thematische Klammer wird die Bewertung des zeitgenössischen Antiimperialismus sein. Mit Fikrejesus Amahazion wurde ein Menschenrechtsforscher aus Eritrea, mit Sevda Karaca ein türkische Abgeordnete der Arbeiterpartei und mit Ignacio Ramonet eine zentrale Figur des Weltsozialforums eingeladen. Jeremy Corbyn wird gemeinsam mit anderen britischen Aktivisten eine Manifestation abhalten. Das Programm ist also recht bunt gemischt und keinesfalls ausschließlich marxistisch oder kommunistisch. Als dezidierten Kommunisten könnte man wohl noch am ehesten Torkil Lauesen bezeichnen, der über die Frage, wie Widerstand, praktische Solidarität und Antiimperialismus heute zu organisieren seien, referieren wird. Sein Buch Die globale Perspektive wurde letztes Jahr beim Unrast-Verlag aus dem Dänischen ins Deutsche übersetzt. Wir nutzen seine Einladung, um die zentralen Thesen des Buches vorzustellen und einen kleinen Vorgeschmack auf die Konferenz zu geben.

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Relative, absolute und Überausbeutung

Im letzten Jahr wurde die Dialektik der Abhängigkeit von Ruy Mauro Marini erstmals in englischer Sprache verlegt. Seither lebte der Diskurs zwischen westlichen und südamerikanischen Marxist*innen spürbar auf. Zentral ist steht dabei Marinis Begriff der Überausbeutung als soziales Verhältnis zwischen peripheren und imperialistischen kapitalistischen Ländern. ony Burns hat diese Debatte in der aktuellen Capital&Class ganz grundsätzlich aufgerollt. Er sympathisiert zwar mit dem Konzept der Überausbeutung, hält den Begriff der Ausbeutung bei Marx selbst hingegen noch für zu wenig systematisiert. Aus den drei Kapitalbänden hat er nochmal alle Formen der Ausbeutung und ihren Einfluss auf die Mehrwertrate zusammengefasst.

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Was bringt eigentlich die Theorie des ungleichen Tauschs?

Über den ökonomischen und ökologischen ungleichen Tausch entspinnt sich seit Jahren eine Debatte, sowohl über seine Funktionsmechanismen, als auch politische Konsequenzen. Die Capitalism Nature Socialism dokumentierte stellvertretend einen Streit zwischen Andrea Ricci, Alf Horborg und Peter Sommerville (hier bereits dokumentiert). Jüngst veröffentlichte Ricci in diesem Journal eine erneute Antwort, in der er insbesondere die Bedeutung des ungleichen Tausches für die internationale soziale Bewegung diskutierte.

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ökologischer und ökonomischer ungleicher Tausch

Dass die Ärmsten die höchsten Kosten des Klimawandels tragen, ist so offensichtlich, dass es eine Binsenweisheit geworden ist. Und gerade, weil es so ein Allgemeinplatz geworden ist, haben sich viele Ökonom*innen und Ökolog*innen auf die Suche nach einer Präzisierung gemacht. Ein Großteil stützt sich mehr oder weniger auf den Begriff des ungleichen ökologischen Tausches.
Andrea Ricci, Assistenzprofessor an der Universität in Urbino, hat vor zwei Jahren ein herausragendes Buch zum ungleichen ökonomischen Tausch vorgelegt. Er hat in der aktuellen Capitalism Nature Socialism seine mit der ökomarxistischen Metrik des ungleichen ökologischen Tauschs nach Foster und Holleman verglichen. Das Ergebnis: der Zusammenhang von Armut und Umweltzerstörung lässt sich mit großer Signifikanz messen.

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Ökologisch ungleicher Tausch? Eine Diskussion

Wer ein Bild der Erde bei Nacht ansieht, sieht ein Stück politische Ökonomie. In den imperialistischen strahlen die Lichter. In den Regionen, in denen Öl, Kohle und andere Bodenschätze lagern, ist es dunkel. Die Ressourcen wandern vom globalen Süden in den Norden. Der Müll nimmt den entgegengesetztem Weg. Eine zeitgemäße politische Ökonomie des Imperialismus muss dieses Paradox erklären können. Alf Hornborg hat sich seit nunmehr 30 Jahren mit er Frage beschäftigt, warum ausgerechnet die Herkunftsländer unserer wichtigsten Ressourcen am wenigsten von ihnen profitieren. Gemeinsam mit an deren Wissenschaftlern entwickelte er die Theorie des ökologisch ungleichen Tauschs.

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Zur Aktualität des Denkens von Ruy Mauro Marini

Die aktuellen Latin American Perspectives beschäftigen sich in einer Doppelausgabe mit der Dialektik von Abhängigkeits- und Entwicklungstheorien. Sie stellen den Kampf um das Framing der Politik als einen Klassenkampf dar, indem die Bourgeoisie unter dem Label „Entwicklung“ durch kapitalistische Öffnung eine Annäherung an den Lebensstandard der westlichen Welt verspricht, während proletarische Organisationen gerade in der „Abhängigkeit“ vom Weltmarkt einen Angriff auf Arbeiter*innenrechte erblicken. Allen Autor*innen gemeinsam ist der Bezug auf einen Namen: Ruy Mauro Marini, der selbst 16 Jahre lang für das Journal arbeitete. In diesem Artikel sollen Leben und Werk Marinis unter der Frage vorgestellt werden, warum ausgerechnet er heute in der neomarxistischen Debatte in Lateinamerika eine so bedeutende Rolle spielt.

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