Stranger than Fiction … oder wie real fiktives Kapital ist

Um das Finanzkapital ranken sich noch immer zahlreiche Mythen. Es erscheint vielen Menschen übermächtig, schwer durchschaubar und irgendwie von der „realen Ökonomie“ abgekoppelt. Diese Verständnisprobleme sind auch nicht auf die bürgerliche Wissenschaft beschränkt. Das ist nicht überraschend. Schließlich stellte bereits Marx im dritten Band des Kapitals fest, dass die Verrücktheit der kapitalistischen Vorstellungsweise im fiktiven Kapital auf die Spitze getrieben würde. Das Kapital erscheine als automatisches Subjekt, welches Kapitalisten wie Arbeiter*innen unter seine Herrschaft zwinge. Nicht wenige Linke sitzen dieser Vorstellung bis heute auf. Die heterodoxe Ökonomin Carolina Alves von der Cambridge Universität hat in ihrem Aufsatz Fictitious Capital, the Credit System, and the particular Case of Government Bonds in Marx die Spur des fiktiven Kapitals aufgenommen. Am Beispiel der Staatsanleihen zeigt sie, wie das fiktive Kapital den Staat als Klassenstaat formt.

Weiterlesen

Die Heuschrecken sind weitergezogen

Zeitreise ins Jahr 2003/04. Deutschlands Wirtschaft schrumpfte das bisher einzige Mal nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei aufeinander folgenden Jahren. Die Arbeitslosiggeit hatte einen der höchsten Stände nach der Wiedervereinigung erreicht. Die SPD-Linke ernannte die Orientierung am Shareholder Value zum Sündenbock. Anstelle der geradezu familiären Unternehmensführer, die sich noch um ihre Angestellten sorgten und nur das Beste für den Wirtschaftsstandort Deutschland im Blick hätten, regierten nun die „verantwortungslosen Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen“ (Müntefering 2005). Fast 20 Jahre später hat sich die Debatte zwar wieder abgekühlt, Aktionär*innen gibt es jedoch immer noch und man fragt sich, was denn seit dieser Zeit aus der Shareholder Value Orientierung geworden ist. Diliara Valeeva, Tobias J. Klinge und Manuel B. Aalbers haben in der New Political Economy die Ausschüttungen an Aktionäre weltweit empirisch untersucht.

Weiterlesen