Herrn Michael Heinrichs Umwälzung der Werttheorie

Wer keine Meinung zu Michael Heinrich hat, ist kein*e richtige*r Marxist*in. Eine ganze Generation junger Menschen, die sich nach der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008 Rechenschaft über das hiesige Gesellschaftssystem ablegen wollte, griff zu Heinrich kleinem schwarzen Büchlein aus dem Schmetterling-Verlag, um sich den Argumenten aus Marxens Kapital anzunähern.
Mit Marx’s Theory of Value in Chapter 1 of Capital hat der bekannte Marxist Fred Moseley nun sozusagen einen Anti-Heinrich vorgelegt. Dieses Buch soll nicht nur beim Verständnis des bekanntermaßen schwierigen ersten Kapitels des Kapitals helfen, sondern es kritisiert explizit Heinrichs Konzeption.

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Ein hartes Stück abstrakte Arbeit

Harte Arbeit besitzt in Deutschland einen ziemlich guten Ruf. Wer hart arbeitet, darf auch hart feiern oder hat sich zumindest das Feierabendbierchen verdient. Die Berechtigung einer politischen Forderung wird hierzulande gerne an den Fleiß gekoppelt, egal ob Gewerkschaften ihre Lohnforderungen rechtfertigen oder die Ansprüche der Letzten Generation wegen deren angeblicher Faulheit zurückgewiesen werden. Und schon unsere Eltern haben hart gearbeitet, damit es uns heute besser geht. Aber geht es uns heute besser?
Nein, im Kapitalismus macht harte Arbeit nicht reich, nicht die Arbeiter*in, nicht die Gesellschaft. Dazu ist er auch nicht gemacht, sondern zur Bereicherung der Besitzer der Produktionsmittel. Was genau allerdings die Arbeitsintensität und deren Steigerung mit Mehrwert und Profit machen, darüber gibt es im Marxismus tatsächlich eine Kontroverse. Zum Beispiel zwischen den Vertretern einer simultanen Werttheorie und denen einer temporalen. Alan A. Deytha Mon und A. Sebastián Hdez. Solorza aus Mexiko haben in der World Review of Political Economy Partei für letzteres ergriffen.

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Clever kombiniert

Gabriel Montes-Rojas von der Universidad de Buenos Aires and CONICET systematisierte nach jahrelanger Arbeit die verschiedenen Modelle zur Umrechnungen von Preisen in Wert. Eine Leitfrage war, was dies eigentlich für die Höhe der Profit- und Ausbeutungsraten bedeuten würde? Werden Arbeiter*innen stärker ausgebeutet, als dies durch Anschauung der Lohnhöhen ersichtlich wird? Und noch allgemeiner: Welchen Unterschied macht es eigentlich, ob ich dieses oer jenes Verfahren wähle? Sein Ergebnis ist bemerkenswert.

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War Marx Speziesist?

Die Kritik am Speziesismus, die Ablehnung, Tiere zum Mittel des menschlichen Genusses zu degradieren oder für sich nutzbar zu machen, stellt insbesondere für Tierrechtsaktivist*innen eine Motivation dar, auf Fleisch zu verzichten. Mit dem Marxismus verbindet sie eine Hass-Liebe. Auf der einen Seite stellt der Marxismus angesichts der Zuspitzung des Tierleids im industriellen Kapitalismus einen natürlichen Bündnispartner dar. Auf der anderen Seite wird Marx eine Verengung seiner Kritik auf das menschliche Elend unterstellt, die auf Grund eines teleologischen Fortschrittdenkens und übersteigerten Humanismus das Schicksal von Tieren als Produktionsmittel rechtfertige.
Die beiden unabhängigen Hamburger Wissenschaftler Michael Sommer und Christian Stache haben sich der Frage nach einem vermeintlichen Speziesismus von Karl Marx über seinen Arbeitsbegriff angenähert. Ihr Aufsatz Marx’s non-speciesist Concept of Labour erschien aktuell in der Capital&Class als Online First.

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zeitgenössische Marxist*innen: Guglielmo Carchedi

Heute wird die Serie zu zeitgenössischen marxistischen Wissenschaftler*innen fortgesetzt. Und wieder soll ein Marxist vorgestellt werden, den in Deutschland eher wenige kennen: Guglielmo Carchedi. Die Unbekanntheit hat er leider zu Unrecht. Seine Formalisierung der Hegelschen und Marxschen Dialektik, welche die Berücksichtigung der Zeit als wesentlichen Mehrwert der dialektischen gegenüber der formalen Logik identifiziert, ist leicht verständlich und erklärungsmächtig. Carchedi kann Dialektik, Ontologie, Klasse und politische Ökonomie zusammendenken, beharrt in bester wissenschaftlicher Tradition aber auf die empirische Überprüfbarkeit von Theorie. Im Folgenden sollen seine wesentlichen Leistungen dargestellt werden.

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Modelling Marx

Karl Marx und Friedrich Engels haben für sich in Anspruch genommen, die Bewegungsgesetze der Gesellschaft und im Kapital der kapitalistischen Gesellschaft entdeckt zu haben. Allerdings verwehren sie sich experimenteller Überprüfung. Eine Möglichkeit gibt es jedoch: Computersimulationen. Die US-amerikanischen Wissenschaftler Jonathan F. Cogliano, Roberto Veneziani und Naoki Yoshihara haben die bisherige Literatur gesichtet und in einem bisher einmaligen Dossier zusammengefasst. Philosophen haben die Welt bisher nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu berechnen.

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Das Ei des Kapitalismus: zum ersten Mal wird eine Monographie Okishios aus dem Japanischen übersetzt

Der Name Nobuo Okishio steht im Marxismus der westlichen Hemisphäre bis heute vor allen Dingen für Okishios Theorem. Nach diesem falle die durchschnittliche Profitrate durch die Einführung neuer Produktionstechniken nicht, wenn die Reallöhne der Arbeiter*innen sich nicht erhöhten. Eine Gruppe japanischer Ökonomen aus Okishios alter Wirkungsstätte Kobe übersetzte sein Spätwerk “The Theory of Accumulation” 55 Jahre nach der Erstausgabe ins Englische. Ein kleiner Überblick über Okishio und das Buch.

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Wahrscheinlich hat Marx Recht

Fast 40 Jahre nach Laws of Chaos bringen die beiden israelischen Wissenschaftler Emmanuel Farjoun und Moishe Machover einen zweiten Band ihres Erstlingswerks heraus. Hilfe erhalten sie von David Zachariah aus Schweden. Mit ihrer wahrscheinlichkeitstheoretischen Interpretation der Durchschnittsprofitrate entwickelten sie 1983 einen originellen Ansatz zur empirischen Analyse der kapitalistischen Wirtschaft … und knüpften Verbindungen zur theoretischen Physik. Während sich Laws of Chaos eher mit grundsätzlicher Methodik befasste und die empirische Bestätigung eher dünn war, soll nun How Labor powers the Global Economy die praktische Anwendung veranschaulichen.

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Methode: Input-Output-Analyse

In den letzten zwanzig Jahren hat die Input-Output-Analyse für marxistische Ökonom*innen massiv an Bedeutung gewonnen. Durch diese konnte beispielsweise die Marxsche Arbeitswertlehre und die Preisbildung auf Basis der Bildung der Durchschnittsprofitrate empirisch bestätigt werden. Zudem können frei zugänglichen IO-Tabellen viele Parameter für die ökonomische und politische Klassenanalyse entnommen werden. Auf der ersten Methodenseite wird die Input-Output-Analyse vorgestellt.

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