Der Kapitalismus ist eine patriarchale Herrschaftsform, sagen die einen. Nein, er ist blind gegenüber dem Geschlecht und sucht nur nach Profitmaximierung, sagen die anderen. Beide haben Recht, wenn man den entsprechenden Analyserahmen anlegt, sagt die Social Reproduction Theory. Denn die Bourgeoisie maximiert ihre Profite nicht im luftleeren Raum oder der kapitalistischen Gesellschaft in ihrem idealen Durchschnitt, sondern unter den von ihr vorgefundenen konkreten gesellschaftlichen Bedingungen. Und hier bedienen sich die Kapitalisten gerne der bestehenden sexistischen und rassistischen Strukturen oder akuten Ereignisse, wie etwa der Corona-Pandemie. Shahram Azhar und Aabida Ali untersuchten, wie patriarchale Strukturen den Zulieferbetrieben der Textilindustrie und großen Modeketten dabei halfen, mit gestiegenen Profitraten aus der der Krise während der Pandemie zu kommen.
WeiterlesenSchlagwort: Ausbeutung
Weltkarte der Ausbeutung
Die marxistische Forschung hat in den letzten Jahren immer wieder versucht, die strukturelle Ungleichheit zwischen den Weltregionen quantitativ aufzuarbeiten und den den Raubzug der imperialistischen Zentren im Trikont sichtbar zu machen. Jonathan Coglianio, Roberto Veneziani und Naoki Yoshihara von den Universitäten in Boston, London und Tokyo haben in einer gemeinsamen Arbeit versucht, ein neues Imperialismusmodell auf der Grundlage von Roemers Theorie des analytischen Marxismus zu konstruieren. Es soll den Imperialismus mit leicht zugänglichen Daten kartographieren können.
WeiterlesenWerden Memer ausgebeutet?
Memes sind lustige popkulturelle Anspielungen, in denen ein Bild seinem Kontext entrissen und mit einer neuen Botschaft in Zusammenhang gesetzt wird. Noch verstecken sich hinter Memes keine großen Medienkonzerne, die mit diesen Milliarden scheffeln, auch wenn Memes gerne zu Werbezwecken eingesetzt werden. Dennoch haben einige Memeseiten auf Facebook, instagram oder X hunderttausende bis Millionen Follower, was sich monetarisieren lässt. Dabei werden die Memes meist von der Community in der freien Zeit der Follower selbst erstellt. Dass sich Geld mit den kostenlosen Aktivitäten von Usern verdienen lässt, hat einige Theoretiker*innen zu der Annahme veranlasst, hier handele es sich um Ausbeutung.
WeiterlesenRelative, absolute und Überausbeutung
Im letzten Jahr wurde die Dialektik der Abhängigkeit von Ruy Mauro Marini erstmals in englischer Sprache verlegt. Seither lebte der Diskurs zwischen westlichen und südamerikanischen Marxist*innen spürbar auf. Zentral ist steht dabei Marinis Begriff der Überausbeutung als soziales Verhältnis zwischen peripheren und imperialistischen kapitalistischen Ländern. ony Burns hat diese Debatte in der aktuellen Capital&Class ganz grundsätzlich aufgerollt. Er sympathisiert zwar mit dem Konzept der Überausbeutung, hält den Begriff der Ausbeutung bei Marx selbst hingegen noch für zu wenig systematisiert. Aus den drei Kapitalbänden hat er nochmal alle Formen der Ausbeutung und ihren Einfluss auf die Mehrwertrate zusammengefasst.
WeiterlesenNever mind the Durchschnittsprofitrate. Here ist the Durchschnittsmehrwertrate.
Die Diskussion um die durchschnittliche Profitrate und ihre Rolle in der Preisbildung nach Marx ist den meisten interessierten Marxist*innen bekannt. Weniger bekannt hingegen ist, dass Marx auch für eine Angleichung der Mehrwertraten in den verschiedenen Industrien argumentierte. Viel Gerede in der Linken von der besonderen Ausbeutung dieser oder jener Fraktionen der Arbeiter*innenklasse wäre damit zumindest langfristig hinfällig. Während die Theorie des Ausgleichs der Mehrwertraten zur Entstehungszeit des Kapitals so populär war, dass sie Marx nicht besonders herausstellen musste, hat sich jedoch auch im Laufe des 20. Jahrhunderts Kritik geregt.
Jonathan Cogliano hat im Cambridge Journal of Economics eine kleine Einführung in Marxens Theorie einer Durchschnittsmehrwertrate gegeben. Er diskutierte dabei nicht nur die Stichhaltigkeit und die Ideengeber von Marx, sondern auch, warum die Diskussion um die Durchschnittsmehrwertrate im Marxismus nur eine nebensächliche Rolle spielte.
WeiterlesenDie Heuschrecken sind weitergezogen
Zeitreise ins Jahr 2003/04. Deutschlands Wirtschaft schrumpfte das bisher einzige Mal nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei aufeinander folgenden Jahren. Die Arbeitslosiggeit hatte einen der höchsten Stände nach der Wiedervereinigung erreicht. Die SPD-Linke ernannte die Orientierung am Shareholder Value zum Sündenbock. Anstelle der geradezu familiären Unternehmensführer, die sich noch um ihre Angestellten sorgten und nur das Beste für den Wirtschaftsstandort Deutschland im Blick hätten, regierten nun die „verantwortungslosen Heuschreckenschwärme, die im Vierteljahrestakt Erfolg messen, Substanz absaugen und Unternehmen kaputtgehen lassen“ (Müntefering 2005). Fast 20 Jahre später hat sich die Debatte zwar wieder abgekühlt, Aktionär*innen gibt es jedoch immer noch und man fragt sich, was denn seit dieser Zeit aus der Shareholder Value Orientierung geworden ist. Diliara Valeeva, Tobias J. Klinge und Manuel B. Aalbers haben in der New Political Economy die Ausschüttungen an Aktionäre weltweit empirisch untersucht.
WeiterlesenÖkologisch ungleicher Tausch? Eine Diskussion
Wer ein Bild der Erde bei Nacht ansieht, sieht ein Stück politische Ökonomie. In den imperialistischen strahlen die Lichter. In den Regionen, in denen Öl, Kohle und andere Bodenschätze lagern, ist es dunkel. Die Ressourcen wandern vom globalen Süden in den Norden. Der Müll nimmt den entgegengesetztem Weg. Eine zeitgemäße politische Ökonomie des Imperialismus muss dieses Paradox erklären können. Alf Hornborg hat sich seit nunmehr 30 Jahren mit er Frage beschäftigt, warum ausgerechnet die Herkunftsländer unserer wichtigsten Ressourcen am wenigsten von ihnen profitieren. Gemeinsam mit an deren Wissenschaftlern entwickelte er die Theorie des ökologisch ungleichen Tauschs.
WeiterlesenClever kombiniert
Gabriel Montes-Rojas von der Universidad de Buenos Aires and CONICET systematisierte nach jahrelanger Arbeit die verschiedenen Modelle zur Umrechnungen von Preisen in Wert. Eine Leitfrage war, was dies eigentlich für die Höhe der Profit- und Ausbeutungsraten bedeuten würde? Werden Arbeiter*innen stärker ausgebeutet, als dies durch Anschauung der Lohnhöhen ersichtlich wird? Und noch allgemeiner: Welchen Unterschied macht es eigentlich, ob ich dieses oer jenes Verfahren wähle? Sein Ergebnis ist bemerkenswert.
WeiterlesenMit Marx Krötentunnel graben
Das Konzept eines radikal biozentrischen Ökosozialismus, der auf einem dynamischen Gleichgewicht beruht. Das klingt doch nach war. Nicht weniger möchte Bence Peter Marosan von der Budapest Business School in Ungarn in der aktuellen Capitalism Nature Socialism vorstellen. Was es damit auf sich hat und ob Marosan das Versprechen einhalten kann, soll im Folgenden diskutiert werden. Denn schließlich geht es um nicht weniger als das Überleben unserer Spezies und Millionen anderer.
WeiterlesenDiagnose: Entfremdung
„Eine Krise kann jeder Idiot haben. Was uns zu schaffen macht, ist der Alltag.“ lässt im Film The Country Girl Drehbuchautor George Seaton den Sänger Bing Crosby sagen. Alltag im Kapitalismus, das heißt vor allen Dingen Entfremdung. Entfremdung von anderen Menschen, wenn man in seiner Büroparzelle Aufträge abarbeitet; Entfremdung von der Arbeit, wenn Druck und Fremdbestimmung jede Tätigkeit zur Last werden lassen; Entfremdung von der Natur, wenn einem eigentlich egal ist, woher Essen und Kleidung kommen, Hauptsache sie sind bezahlbar. Es wird kaum verwundern, dass so ein Dauerzustand krank machen kann. Im Scandinavian Journal of Public Health entwarfen Emil Oversveen und Conor A. Kelly einen kurzen Abriss über die Entfremdungstheorie in der Gesundheitspsychologie. Sie arbeiteten Leerstellen des klassischen psycho-sozialen Ansatzes heraus und zeigten auf, wie marxistische Theorie in der Lage ist, diese zu füllen.
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