Der Jahresrückblick 2022: Die 10 besten marxistischen Studien

Das Jahr 2022 steht in den Büchern. Mit dem Jahr 2022 geht auch ein Jahr Spectrum of Communism zu Ende, das in aktuelle Studien und Publikationen aller Art und aller Strömungen zum wissenschaftlichen Sozialismus schaute. Der Blog wirft zum Jahresabschluss einen Blick zurück auf die zehn spannendsten theoretischen Beiträge des Jahres 2022. Und richtet einen Dank an die vielen Leser*innen (immerhin 3-4x so viele wie zu Beginn geschätzt) und die vielen Rückmeldungen per Mail, Kommentar oder auf twitter.

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Lula ante Portas

Am Sonntag wird in Brasilien ein neuer Präsident gewählt. Der Sieg Lula da Silvas gilt hierbei als sicher. In den Umfragen liegt er weit vor dem rechtsradikalen Amtsinhaber Bolsonaro, dessen Amtszeit auch jenseits der Corona-Pandemie weithin als Katastrophe gilt. Doch Lula wird nicht nur die Hypotheken seines Vorgängers erben. Dass der sanfte Putsch gegen die Präsidentin der Arbeiterpartei PT Dilma Rousseff 2015/16 erfolgreich sein konnte, hatte Ursachen und diese sind nicht verschwunden.

Die Latin American Perspectives haben die komplette Oktoberausgabe Studien zur brasilianischen Politik, Gesellschaft und ökonomie gewidmet. Sie entwerfen ein Mosaik der Widersprüche eines Landes der Semiperipherie, in der Not und Reichtum dicht beieinander liegen.

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100 Jahre Proletariat in China – eine Jubiläumsschrift

Anlässlich des 100. Geburtstages der Kommunistischen Partei Chinas haben Ivan Franceschini und Christian Sorace einen Sammelband Proletarian China – A Century of Chinese Labour im Verso-Verlag herausgebracht. In diesem beleuchten etwa 70 Artikel die Geschichte des chinesischen Proletariats als Klasse. Das Buch verbindet dabei die große Geschichte Chinas mit den kleinen Geschichten der Arbeiter*innen. Eine Rezension.

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Die Armut der Schule

1976 erschien “Schooling in Capitalist America” von Samuel Bowles und Herbert Gintis. Obwohl der Zenit der linken Bewegung in den USA bereits überschritten war, entwickelte sich das Buch schnell zum marxistischen Standardwerk zu Fragen der Pädagogik und des Schulsystems. Es wurde so populär, dass sich auch zahlreiche Kritiker – insbesondere aus dem liberalen Spektrum – einfanden, die das Werk hart aburteilten. In der aktuellen Educational Theory reflektierte der Bildungswissenschaftler Jianguo Zhang von der Universität Xinyang das Werk und seine Kritik. Er ging auch auf die Vereinbarkeit der Thesen mit der chinesischen Bildungslandschaft ein.

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Neue Studien zur chinesischen Imperialismusfrage (II): grüner Imperialismus?

Wie wirkt sich die chinesische Globalisierung auf eines der wichtigsten Menschheitsprobleme der Gegenwart aus: die Zerstörung der Natur? Vor zwanzig Jahren hieß es noch: Wenn jeder Chinese einen Kühlschrank haben wolle, ginge der Planet flöten. Die zunehmende Konsumkraft in der Volksrepublik ist mittlerweile Realität. Dazu findet ein Großteil der weltweiten Produktion im Reich der Mitte statt. Im aktuellen Journal of Economic Surveys haben zwei chinesische Forschungsgruppen sich die Verflechtung von Jahresplan, Weltmarkt und Ökologie näher angeschaut. Sie jeweils analysierten sehr präzise auf Firmenebene und trugen somit die Werte von 12.000 Unternehmen zusammen. Das Resultat ist ebenso komplex ohne einfache Antworten.

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Neue Studien zur chinesischen Imperialismusfrage (I)

Die Frage, ob China imperialistisch und womöglich den USA hier ebenbürtig ist, besitzt angesichts der angespannten Weltlage besondere Brisanz. Daher lohnt es sich, der Frage ernsthaft nachzugehen. Im aktuellen Journal of Economic Surveys wurden verschiedene Studien zur Wirtschaft Chinas vorgestellt. In den folgenden beiden Beiträgen soll einmal an der Politik der Neuen Seidenstraße (Belt-and-Road) und andererseits an der Umweltpolitik erörtert werden, ob China als imperialistisch bezeichnet werden kann und was dieser Imperialismus eigentlich für die peripheren und anderen semi-peripheren Staaten bedeutet.

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Imperialismus messen – der TADVA

Die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit bestimmt die Stellung einer Nation in imperialistischen Hierarchie der Weltmächte. Wer oben ist, sichert sich satte Extraprofite und kann unangenehme ausländische Regierungen erpressen. Wer unten ist, zahlt ständig drauf und kriegt bei Rebellion auf den Hut.
Die beiden Ökonom*innen Maria Markaki von der Hellenic Mediterranian University und George Economakis von der Universität in Patras haben in der World Review of Political Economics einen Indikator zur Messung der globalen Wettbewerbsfähigkeit entwickelt. Im Zentrum ihrer Analyse steht im Gegensatz zu anderen von Marxist*innen aufgestellten Indikatoren nicht der Preis der Ware Arbeitskraft, sondern die materielle Beschaffenheit einer nationalen Ökonomie.

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Cheng Enfu: Für eine internationale Diskussion des chinesischen Marxismus

Die chinesischen Stimmen in der internationalen marxistischen Diskussion sind sehr leise. Die lauteste unter ihnen ist sicherlich Cheng Enfu. Cheng ist Präsident des Institutes für Marxismus der Chiensischen Akademie der Sozialwissenschaften und Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität für Finanzen und Wirtschaft in Shanghai. Wenngleich Cheng einen sinisierten Marxismus vertritt, versteht er diesen als Bestandteil einer internationalen Debatte. Dabei kritisiert er nicht nur eine westliche oder strömungspolitische Ignoranz gegenüber den chinesischen Ansichten, sondern ebenso seine Landsleute, die sich weigerten, auf Englisch zu publizieren und sich der Kritik der Weltgemeinschaft zu stellen.

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