Frankreichs gefährliche Klassen

In Frankreich geht gerade ein ganzes Volk gegen die Rentenreformpläne von Präsident Macron auf die Straße. Die momentane Situation in Frankreich ist deshalb so besonders, da insbesondere der gewaltsame Protest ansonsten Ausdrucksform der marginalisierten Gruppen ist. People of Color aus den Banlieues, subkulturelle Jugendliche oder Illegalisierte in kriminellen Parallelwelten. Viele postmoderne Linke sehen längst in einer Klasse, die Marx einst als das Lumpenproletariat bezeichnete, das eigentliche revolutionäre Subjekt. Und sie kritisieren Marx für seine vermeintliche Verachtung gegenüber diesen Subalternen. Jérôme Beauchez und Djemila Zeneidi haben in der aktuellen Space and Culture eine Gruppe vorgestellt, die Marx vermutlich Pate bei seiner Charakterisierung des Lumpenproletariats im Achtzehnten Brumaire gestanden hatte: die Zoniers.

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Marxistische Medientheorie in Brasilien

Dass die Medien die vierte Gewalt im Staate sind, konnte man in den vergangenen zwölf Monaten wieder eindrücklich erleben. Mit dem Verhältnis von Staat, Klassen, finanzkräftigen Klientel und den Medien befassen sich seit 90 Jahren auch Marxist*innen aus Brasilien. Die Medienlandschaft in Brasilien ist geprägt von einer hohen Konzentration der Eigentümerschaft und einer oft einseitigen Berichterstattung, die in Veracht steht, insbesondere den Interessen der Eliten zu dienen. Francisco Rüdiger und Otávio Daros haben in der aktuellen Capital&Class die Debatte Revue passieren lassen und in die jeweiligen politischen Verhältnisse des größten südamerikanischen Landes eingeordnet. Ein kleiner Streifzug.

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Der Jugend die Welt

Rosa Luxemburg schrieb einst, dass die Jugend die hellste Flamme der Revolution sei. Sie gilt als begeisterungsfähig, progressiv, aktiv und weitestgehend frei von den Sorgen des Alltags. Ihr ist einiges zuzumuten und zuzutrauen. Gleichsam ist sie rebellisch, sucht ihre eigenen kulturellen Ausdrucksformen und lässt sich nicht so leicht vereinnahmen, wie es zuweilen Absicht der Herrschenden war. Die aktuelle Social History warf einen Blick auf die verschiedenen Formen jugendlichen Internationalismus. Sie fragte dabei nicht nur nach den Inhalten, sondern insbesondere nach den Formen.

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100 Jahre Sowjetunion: Rückblick auf einen Vielvölkerstaat

Am 30. Dezember 1922 wurde die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken aus der Taufe gehoben. Als Flagge wurde die rote Fahne mit Hammer, Sichel und Stern gewählt. Zunächst fungierte die Internationale als Hymne. Im Laufe ihrer Geschichte wurde sie zum Flucht westeuropäischer und amerikanischer Kommunist*innen in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts und der postkolonialen Staaten in der zweiten Hälfte. Mit dem Sieg über den Hitlerfaschismus gelang ihr der triumphalste Auftritt auf der historischen Bühne. Der Blutzoll, den die junge Föderation in den ersten 22 Jahren ihrer Existenz zu zahlen hatte, erwies sich jedoch bis zu ihrem Zusammenbruch als erdrückendes Erbe.
Die Marxistischen Blätter widmeten ihre aktuelle Ausgabe der Sowjetunion. Verschiedene Autoren aus den Amerikas, Eurasien und Afrika beleuchteten verschiedene Blickwinkel der Sowjetunion als Vielvölkerstaat, sozialistisches Projekt und auch die postsowjetische Entwicklung.

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Der moralische Verschleiß der Kohle

Die Räumung von Lützerath für die Interessen von RWE hat in der gesamten Linken Solidarität geweckt. Die Politikanalystin und Forscherin am Center for Sustainable Energy Systems (ZNES) der Europa-Universität in Flensburg, Andrea Furnaro, hat den Kohleausstieg im Kontext des Marxschen Begriffs des moralischen Verschleißes untersucht. Diese Analyse eröffnet nicht nur eine neue Perspektive auf auf den Kampf um den Kohleausstieg, sondern auch auf den Begriff des moralischen Verchleißes von Marx.

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Der Lange-Weg des polnischen Marxismus (2/2)

Oskar Lange gilt vielen zeitgenössischen Marxist*innen als eine der spannendsten Persönlichkeiten des polnischen sozialistischen Diskurses nach Rosa Luxemburg. Das Journal Research in Political Economy beschäftigte sich in der diesjährigen Ausgabe genau mit diesem Thema. Werfen wir einen zweiten Blick in die Ausgabe und schauen uns an, was zu Oskar Lange und seinen Nachfolgern geschrieben wurde.

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Der Marxismus in Polen nach Luxemburg (1/2)

Die diesjährige Ausgabe der Research in Political Economy hat sich mit dem Marxismus in Polen nach Rosa Luxemburg beschäftigt. Es wurden viele spannende Aufsätze zur marxistischen politischen Ökonomie in unserem Nachbarland gesammelt. In diesem und im nächsten Artikel soll die Diskussion vorgestellt werden. Im ersten Teil geht es um die Auseinandersetzung mit Luxemburg und im zweiten um den polnischen Marxismus abseits von Luxemburg.

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Zur marxistischen Inflationstheorie

Die marxistische Inflationstheorie wurde in den letzten 50 Jahren recht stiefmütterlich behandelt, da das Problem auf Grund stabilen Währungen des imperialistischen Deutschlands von der Euroumstellung abgesehen nie akut war. Dennoch gibt es sie und sie widerlegt bürgerliche Erzählungen von der Lohn-Preis-Spirale. Die Marxistischen Blätter, das Theorieorgan der Deutschen Kommunistischen Partei, hat in ihrer aktuellen Ausgabe die Inflation in den theoretischen, politischen und internationalen Kontext gestellt. Beiträge lieferten spannende Denker der Linken wie Lucas Zeise oder Stephan Krüger. Alle machen deutlich, die Inflation ist nur al Einheit von ökonomischen und politischen Prozessen zu verstehen.

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Ein Puzzlestück der revolutionären Geschichte des Iran

Wir schreiben den 8. Februar 1971. Fünf junge Guerillas bringen in der iranischen Provinzstadt Siyahkal einem Mann, der an einen Baum gefesselt ist, sein gestohlenes Auto zurück und zahlen ihm hundert Toman für den entstandenen Schaden. Hinter ihnen liegt ein Angriff auf die Kaserne im Ort, von dem sie mit zehn Gewehren und einem verletzten Genossen zurückkehren. Sie verstreuen sich in die Berge. Das Monatsende wird nur einer erleben. Doch man wird im Iran Epen und Gedichte über die fünf jungen Männer schreiben. Die Studierenden werden ihre Kraft entdecken. Das Regime wird lügen müssen, um die eigene Schwäche zu verstecken. Der Shah wird acht Jahre später gestürzt werden. Die Geschichte der fünf jungen Männer wird als nicht zu leugnender Bestandteil der Islamischen Revolution in die Geschichte eingehen. Eine Buchrezension in einer Zeit des militanten politischen Kampfes der iranischen Jugend.

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The American-Yugoslav Way of Life

Sozialistische Staaten und kommunistische Parteien sind die Todfeinde der globalen Bourgeoisie. Zumindest in der Theorie. In der historischen Realität hat es weit mehr Kooperation und Verständigung über Systemgegensätze hinweg gegeben, als man vermuten mag. Im Laufe der Jahrzehnte sind dabei einige interessante Geschichten entstanden, wie markt- und planorientierte Unternehmen miteinander, gegeneinander und aneinander vorbei gearbeitet haben.
Eine von diesen Geschichten ist das Engagement der Ford Foundation in Jugoslawien. Sie erzählt ein Kapital aus dem Kalten Krieg, in dem es um Wandel durch Annäherung, kybernetische Utopien und unterschiedliche Sichtweisen über die gesellschaftliche Entwicklung geht. Vladimir Kulić hat sie in den Planning Perspectives Revue passieren lassen. Eine kleine Zusammenfassung.

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