Zur Klassenanalyse der Bauern

Die aktuellen Bauernproteste haben gezeigt, dass die Bauernschaft als politisches Subjekt nicht ganz aus dem Fokus der Linken verschwinden sollte. Paramjit Singh und Mukesh Kumar von den Universitäten in Panjab und Toronto haben den Exploitation-Index zur Kategorisierungen der bäuerlichen Klassen in Indien untersucht. Ist jeder, der Landarbeiter*innen anstellt, gleich ein Ausbeuter? Reicht die Fläche des Bodens aus, um auf die soziale Stellung zu schließen? Und wie wirkt sich die zunehmende Mechanisierung in der Landwirtschaft aus?

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Profite ohne Ausbeutung?

Angesichts der Tatsache, dass der Kapitalismus bisher jede Krise überlebt hat, suchten viele Marxist*innen nach den Mechanismen hinter der Krisenbewältigung und fanden im Anschluss an Rosa Luxemburg die Kommodifizierung bisher unproduktiven Landes als einen bedeutenden Puffer. Klaus Dörre prägte im deutschen Raum hierfür den Begriff der kapitalistischen Landnahme. David Harvey erklärte die Accumulation by Dispossession sogar zur momentan dominanten Quelle des Profits. Und Anwar Shaikh brachte bereits 1986 den Begriff der Profits on Alienation in die Debatte ein. Alper Duman und E. Ahmet Tonak von den Universitäten in Izmir und Northhampton, MA wollten nun in der Review of Radical Political Economics wissen, wie groß denn der Anteil solcher Profite auf privatisiertes Land an der Gesamtproftmasse ist. Sie untersuchten hierfür das Fallbeispiel Türkei.

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Die doppelte ursprüngliche Akkumulation

Seit Land Grabbing auf der politischen Landkarte der Linken aufgetaucht ist, erfährt auch die Marxsche Theorie von der ursprünglichen Akkumulation eine Renaissance. Ob in den indigenen Siedlungsräumen Südamerikas Bergbaukonzerne paramilitärische Truppen rekrutieren oder Finanzunternehmen im Westen Boden aufkaufen und von den Bauern ruinöse Pachten verlangen: es stellt sich die Frage, ob die kapitalistische Akkumulation nur noch über Renten bis teilweise außergesetzliche Gewalt funktionieren kann und ob sich der Schein der liberalen Marktgesellschaft und des Rechtsstaats allmählich lüftet. Damit verbunden ist die Frage, ob die ursprüngliche Akkumulation eigentlich ein historisches Ereignis war oder während des Kapitalismus immer präsent ist.

David Siegel lenkte in der New Political Science den Blick auf ein besonders spannendes Beispiel. In der Sowjetunion gaben die Bolschewiki den Bauern zuerst das Land von den Großgrundbesitzern, um ein Jahrzehnt später die Kollektivierung zu erzwingen. Haben also die Bolschewiki die Gewalt der ursprünglichen Akkumulation stellvertretend für die Kapitalisten durchgeführt und was sagt das über den sozialistischen Charakter des Staates aus? Siegel schlägt hier eine ganz eigene Interpretation vor.

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Nutzt Putin Hunger als Waffe?

Es war eine seltsame Klage, welche die osteuropäischen Länder Ende Januar erhoben. Billiger ukrainischer Weizen überschwemme die Futtermittelmärkte. Anstatt weiter nach Afrika oder in den Nahen Osten verschifft zu werden, würde der Weizen von europäischen Mastbetrieben aufgekauft. Einheimische Produkte könnten nicht mehr abgesetzt werden. Ungeerntete Maispflanzen verrotteten in Rumänien vor sich hin.

Dabei wurden noch im Sommer 2022 Schreckensszenarien ausgemalt, wie die russische Invasion in der Ukraine den Welthunger befördern würde. Wie passt das zusammen? Derek Hall hat im aktuellen Journal of Peasant Studies die Erklärungsansätze der Forschung systematisiert.

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