Marxismus und Antisemitismus

Die Historical Materialism versammelte in einer Doppelausgabe verschiedene Aufsätze, welche die Ferne von Marxismus und Antisemitismus nicht als gegeben betrachten. Das bedeutet nicht, dass die Autor*innen Marxist*innen per se unterstellen, antisemitisch zu sein. Aber sie erkennen in der großen Mehrheit doch eine Problemlage an. Sind solche Ansätze auch fruchtbar? An dieser Stelle sollen einige der Aufsätze vorgestellt werden.

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Die Social Reproduction Theory … über Lohn und Hausarbeit

Die sogenannte Social Reproduction Theory hält unbezahlte Reproduktionsarbeit für systemimmanent und untersucht die Bedingungen, unter welchen sie eine bestimmte Form annimmt. Dem zugrunde liegt die Feststellung, dass jede Produktion auch immer wieder eine Erneuerung und Erweiterung ihrer eigene Bedingungen benötigt und die Reproduktionsarbeit demgemäß trotz des anarchischen Wettbewerbs der individuellen Willen mit Zwang koordiniert werden muss. Pedro M. Rey-Araújo vom Centre of Time-Use Research des University College Londons kartographierte in der New Political Economy die Social Reproduction Theory.

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Vulgaris Marxistak: ein kleiner Problemaufriss des Vulgärmarxismus

Wem wurde nicht schon einmal der Begriff „Vulgärmarxist“ an den Kopf geworfen? Mal kann man es deshalb hören, weil man versucht, ein marxistisches Argument möglichst einfach darzulegen, mal hört man es, wenn man versucht, ein Argument zu stark in höheren philosophischen Zusammenhängen einzubetten. Mal kritisiert es die Theorieverhaftung einer Position, mal einen übertriebenen Aktionismus. Kurz: mit dem Vorwurf des Vulgärmarxismus kann so ziemlich alles kritisiert werden. Doch warum bedient man sich dieser Stilfigur, anstatt ein Argument inhaltlich zu widerlegen?

Edward Baring hat sich in der Rethinking Marxism mit der frühen Kritik von György Lukacs am Urvater des Vulgärmarxismus Karl Kautsky auseinandergesetzt. Über die Versuche, das Schwere einfach zu machen und das Scheitern.

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In Gedenken an Winfried Wolf

Vor einer Woche, am 22. Mai 2023 starb Winfried Wolf an den Folgen einer Leberkrankheit. Freund*innen und Mitstreiter*innen schrieben in einem Nachruf: „Winfried war für die meisten von uns schon in seinen und unseren jungen Jahren ein Linker, für den Theorie und Praxis nicht auseinanderfielen, der mit seinen analytischen Fähigkeiten und seiner rhetorischen Begabung Grenzen überschreitende Zusammenarbeit und Zusammenhänge stiften konnte.“ Diese Charakterisierung, zugleich wissenschaftlicher Autor und Aktivist gewesen zu sein, durchzieht alle Erinnerungen an den Chefredakteur der Lunapark21. In Gedenken an Wolf sollen hier einige seiner theoretischen und philosophischen Ansätze nachgezeichnet werden.

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Blick ins Heft: die neue Вопросы политической экономии

Russland ist kein totalitäres System. Auch wenn Kritik am Krieg in der Ukraine oder die Kooperation mit westlichen Geldgebern immer ein Ritt auf der Rasierklinge sind, werden viele politische und wirtschaftliche Fragen kontroverser diskutiert als in Deutschland. Marxistische Wissenschaft hat sogar an den Universitäten überlebt und unter dem akademischen Überbau dutzender kapitalismuskritischer Lehrstühle an den Universitäten erstreckt sich eine breite Basis an verschiedensten Schulen, Journalen, Blogs, Videoprojekten oder Graswurzelorganisationen. Ein Leitmedium der akademischen Linken in Russland ist die Voprosi Politicheskoi Ekonomii, die Fragen der politischen Ökonomie. Sie wird von der Lomonossow-Universität in Moskau herausgegeben und von den beiden bekannten Marxisten Aleksandr Buzgalin und Andrey Kolganov redaktionell geleitet. Sie erscheint vierteljährlich und kann kostenlos auf ihrer Homepage (siehe Literatur) eingesehen werden. Vergangene Woche erschien die aktuelle Ausgabe. Ein kleiner Überblick über drei interessante Beiträge.

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David Harvey begleitet in die Abgründe der Grundrisse

Die Grundrisse einer Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx nehmen in dessen Werk etwa die Stellung von Episode 1 im Star Wars-Universum ein. Seit mehreren Jahrzehnten hält der amerikanische Marxist und kritische Geograph David Harvey universitär wie außeruniversitär Vorlesungen und Seminare, die jungen und alten Menschen die Grundrisse näher bringen sollen. Anfang diesen Jahres hat er nun seinen Companion to Marx’s Grundrisse vorgelegt, in welchem er diesen reichhaltigen Erfahrungsschatz bündelte.

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Konkreter Marxismus konkret (2/2)

Unter der Klammer des “konkreten Marxismus” versammelte die Dezember-Ausgabe der International Critical Thought mehrere Aufsätze zu marxistischen Ansätzen aus verschiedenen Ländern der Erde. Hier sollen drei Ansätze vorgestellt werden, die alle eine andere Form der Konkretisierung umfassen. Zum einen die konkrete Anwendung auf ein Land – Vietnam. Dann die Anwendung auf eine Phase des Kapitalismus – den Spätkapitalismus. Und die Anwendung durch einen konkreten Denker – Samir Amin. Abschließend soll diskutiert werden, was alle drei konkreten Formen des Marxismus überhaupt noch gemeinsam haben, um unter einem gleichen Begriff zusammengefasst werden zu können. Teil 2 von 2.

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Der Jahresrückblick 2022: Die 10 besten marxistischen Studien

Das Jahr 2022 steht in den Büchern. Mit dem Jahr 2022 geht auch ein Jahr Spectrum of Communism zu Ende, das in aktuelle Studien und Publikationen aller Art und aller Strömungen zum wissenschaftlichen Sozialismus schaute. Der Blog wirft zum Jahresabschluss einen Blick zurück auf die zehn spannendsten theoretischen Beiträge des Jahres 2022. Und richtet einen Dank an die vielen Leser*innen (immerhin 3-4x so viele wie zu Beginn geschätzt) und die vielen Rückmeldungen per Mail, Kommentar oder auf twitter.

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Der Lange-Weg des polnischen Marxismus (2/2)

Oskar Lange gilt vielen zeitgenössischen Marxist*innen als eine der spannendsten Persönlichkeiten des polnischen sozialistischen Diskurses nach Rosa Luxemburg. Das Journal Research in Political Economy beschäftigte sich in der diesjährigen Ausgabe genau mit diesem Thema. Werfen wir einen zweiten Blick in die Ausgabe und schauen uns an, was zu Oskar Lange und seinen Nachfolgern geschrieben wurde.

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Howard Zinn und der Marxismus

Am 24. August 1922 wurde Howard Zinn geboren. Sein Buch A People’s History of the United States war eines der bedeutendsten und meistgelesenen Bücher der amerikanischen Linken. Das Buch, dass in Kolumbus nicht den Helden, sondern den Räuber indigenen Landes; in den Gründervätern nicht Vorbilder, sondern einen Club von Sklavenhaltern und jede demokratische Errungen als Ergebnis blutiger Klassenkämpfe sah, wurde und wird bis heute an Colleges und High Schools von Millionen gelesen und diskutiert. Für das FBI und die politische Rechte in den Vereinigten Staaten war klar, dass Zinn ein Kommunist, zumindest ein Marxist sein musste. Aber war Zinn tatsächlich einer? Wie nahm er Marx war? Und wie nahmen Marxist*innen Zinn wahr? Teil 2 (Teil 1: hier) der kleinen Serie zum hundertsten Geburtstag von Howard Zinn.

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