Zum Einfluss der Zinsrate auf Löhne

Die Aufweichung der Schuldenbremse war ein Husarenstück des rechten Flügels der CDU. Auf der einen Seite konnte man die Kosten der Aufrüstung, anstatt die Millionär*innen und Milliarde zur Kasse zu bitten, über die von den Steuern der Arbeiter*innenklasse bezahlten Zinsen, auf letztere abwälzen. Hinzu kommt: da die Geldware gerade reichlich vom Staat nachgefragt wird, steigen die Zinsen. Bau- und Konsumkredite knöpfen den ohnehin durch die Inflation betroffenen Proletarier*innen damit mehr vom Lohn ab als bisher. Dabei ist die Beziehung zwischen Löhnen und Zinsen gar nicht ganz so einfach zu verstehen, wie Riccardo Zolea im International Journal of Political Economy diskutierte.

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Im Reich der Bäckermeister und Vampire: Karl Marx und die Nachtarbeit

Nachtarbeit ist ein Thema, über das die Linke kaum redet. Sie gilt als notwendig: bei der Pflege, im Gesundheitswesen oder im Öffentlichen Personennahverkehr. Und sie gilt als individuelles Problem. Auch Karl Marx setzte sich im ersten Band des Kapitals mit der Nachtarbeit auseinander. Seine Ausführungen hierzu zählen zu den eher unbekannteren. Ein tieferer Blick in das Kapitel über den absoluten Mehrwert lohnt aber. Über Subsumtion der Natur unter das Kapital, deskriptive Empirie und die Vampirmetapher bei Marx schrieb Paul Apostolidis.

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In Wagenknechts Theorie der linken Identitätspolitik stimmt (fast) nichts

Anfang des Jahres 2024 spaltete sich das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ als Gruppe von der Linksfraktion im Bundestag ab, um anschließend eine neue Partei zu gründen. Neben der Unzufriedenheit über die unklaren friedenspolitischen Positionen ging der Trennung ein Gründungsmythos voraus, nach dem sich eine einst arbeiter*innenzentrierte Linke immer mehr urbanen, akademischen Milieus angenähert habe. Aber lässt sich diese Darstellung überhaupt belegen? Alexander Horn, Jonathan Klüser, Simon Rittershaus und Martin Haselmayer haben sie die wichtigsten Parteidokumente von SPD, Grünen und PDS/LINKE. angeschaut und kommen zu einem klaren Ergebnis.

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Von Riesen, Flüssen, Flucht und der direkten Herrschaft des Kapitals

Jeder kennt das Szenario: Eine progressive Regierung kommt an die Macht und hebt die Sozialstandards oder vergesellschaftet sogar Großunternehmen. Die Bourgeoisie zieht auf Grund der gesunkenen Profitraten ihr Kapital aus diesem Land ab und investiert im Nachbarland. Durch steigende Arbeitslosigkeit erhöhen sich die Sozialkosten, während die Einnahmen bröckeln und die einst progressive Regierung gezwungen wird, einen wirtschaftsfreundlicheren Kurs einzuschlagen. Diese Analyse wird von reaktionären wie sozialistischen Kräften unter jeweils anderen Vorzeichen geteilt. Die einen begrüßen die darin enthaltene Drohung, die anderen sehen die Grenzen einer sozialen Marktwirtschaft hier begründet. Aber ist das wirklich der Modus, mit dem die Bourgeoisie herrscht, ohne in der Regierung zu sitzen. Miikka Jaarte von der Eliteuniversität in Standford hat kritisch nachgefragt.

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Klassenanalyse … nicht nur für Marxist*innen

Im Marxismus ist umstritten, wie genau sich Klasse definiert. Das Kapitel über die Klassen am Ende des dritten Kapitalbandes blieb unvollendet. Die Frage, inwiefern etwa die Unterscheidung zwischen produktiven und unproduktiven Arbeiter*innen eine reale Rolle spielt, ist eine der klassischen Debatten des Marxismus. Marta Fana und Davide Villani fertigten eine Klassenanalyse Italiens über das funktionale Einkommen an.

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neuer Eintrag: Alessandra Mezzadri

Alessandra Mezzadri hat sich in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Stimme der kritischen Sozialtheorie entwickelt. Sie verbindet akademisch aktuell heiß diskutierte Theorien wie Feminismus und Postkolonialismus mit der empirischen Fokussierung soziologischer Feldtheorie und spannt dabei den Bogen zwischen konkreten Beobachtungen mit marxistischen Konzeptionen. Ein Überblick über ihr Schaffen und ihre wesentlichen Ansatzpunkte.

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Kuba auf den Schultern der Frauen

Wie steht es eigentlich um die Erreichung der Ziele der Revolution jenseits der Warenproduktion und Inselbegabungen wie Medizin oder Bildung? Hier könnte man zum Beispiel nach der Stellung der Frau fragen. Formal ist diese im sozialistischen Kuba gleichgestellt. Die Aufstiegschancen, die grundständige Bildung und viele andere Faktoren sind auf Kuba deutlich besser als in vergleichbaren Ländern. Allerdings stellt auch der noch immer tief verankerte Sexismus die Kommunistische Partei vor viel Arbeit. Anamary Maqueira Linares und Katherine A. Moos untersuchten die Bedeutung der Hausarbeit bei der Reproduktion der Arbeitskraft in Kuba.

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Zirkel schreibender Amazon-Arbeiter

„Greif zur Webcam und Tastatur, Lagerarbeiter*in!“ könnte in Anlehnung an den Bitterfelder Weg die Losung des kanadischen Projekts Worker as Futurist heißen. Hier entwickeln eine Handvoll Künstler*innen und Wissenschaftler*innen die literarischen Fähigkeiten von Arbeiter*innen des Amazon-Konzerns im Genre der spekulativen Literatur weiter. Herausgegeben wurde nun der Sammelband „The World after Amazon“ mit neun Kurzgeschichten und einer theoretischen Einrahmung.

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Wählen linke Staaten in den UN proletarisch?

Gibt es eigentlich Klassen unter den Staaten, sowie es Klassen innerhalb von Gesellschaften gibt? War China während seiner Zeit als Werkbank der Welt irgendwie ein*e zur Nation gewordene*r Proletarier*in? Ist Großbritannien nach außen hin ein Akteur des Finanzkapitals, Deutschland des Monopolkapitals und Indien der Bauernklasse? Nicholas Lees hat in der Cooperation and Conflict das Abstimmungsverhalten aller Länder in der UNO zwischen 1946 und 2020 untersucht. Er versuchte herauszufinden, ob die dominierenden Klassen mehr Einfluss auf das Abstimmungsverhalten hätten als bürgerliche Kategorien wie Autokratie und Demokratie.

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