Es gibt nach dem Ende der Orthodoxie kaum noch einen festen Kern marxistischer Theorie, der sich abgrenzen ließe, sondern eigentlich ist der Marxismus an sich bereits eine Grenztheorie, die in alle anderen Bereiche ausfranst. So jedenfalls fasst es Aditya Nigam in seinem Buch „Border-Marxisms and Historical Materialism“ auf. Das Buch wurde für den Isaac-Deutscher-Preis nominiert, erhielt diesen aber nicht. Zu Recht?
WeiterlesenSchlagwort: Rezension
Die Automatisierung der Automatisierung: Der Isaac-Deutscher-Preis 2024
Matteo Pasquinelli hat sich intensiv mit der Sozialgeschichte der künstlichen Intelligenz beschäftigt. Sein Buch Eye of the Master wurde am letzten Wochenende mit dem Isaac-Deutscher-Preis auf der Historical-Materialism-Konferenz ausgezeichnet.
WeiterlesenZirkel schreibender Amazon-Arbeiter
„Greif zur Webcam und Tastatur, Lagerarbeiter*in!“ könnte in Anlehnung an den Bitterfelder Weg die Losung des kanadischen Projekts Worker as Futurist heißen. Hier entwickeln eine Handvoll Künstler*innen und Wissenschaftler*innen die literarischen Fähigkeiten von Arbeiter*innen des Amazon-Konzerns im Genre der spekulativen Literatur weiter. Herausgegeben wurde nun der Sammelband „The World after Amazon“ mit neun Kurzgeschichten und einer theoretischen Einrahmung.
WeiterlesenDer einen Freud, des anderen Leid: Das Buch Anderswo
Wenn China Mieville einen neuen Roman herausbringt – ein Autor, der im „Eisernen Zug“ so wunderbar den trotzkistischen Panzerzugmythos ins Fantastische übersetzte -, dann ist das schon mal ein Grund für hohe Erwartungen. Wenn als Co-Autor auch noch Keanu Reeves – Hollywoodstar aus Matrix und John Wick – auftaucht, dann verringert das die Spannung nicht. Wie passen der imaginative Reichtum Mievilles und die eindimensionalen Charakterdarstellungen Reeves zusammen? Und kann Mieville wie in anderen Büchern historisch-materialistische Erkenntniswerte schaffen? Eine Rezensentin meinte jedenfalls, es gäbe nur wenig Marx, aber viel Freud. Der Maßstab ist jedoch nicht, wie viel Marx jetzt im Buch steckt, sondern wie viel das Buch Marxist*innen sagen kann. Eine Rezension über The Book of Elsewhere (dt.: Das Buch Anderswo).
WeiterlesenZwischen Nützlichkeit und Eigensinn: Simon Schaupps „Stoffwechselpolitik“
Simon Schaupp ist einer der Shootingstars der zeitgenössischen deutschsprachigen Soziologie. Das liegt nicht nur am Umfang seiner jüngeren publizistischen Tätigkeit in den vergangenen Jahren, die eine beeindruckende Bandbreite aufweist und dass er mit den Themen Digitalisierung, Arbeitssoziologie und Ökologie drei moderne Kassenschlager bearbeitet. Auch die theoretische Qualität, die methodische Kreativität und der Umfang an Querverweisen, Verknüpfungen und Beziehungen, die in seinen Texten aufgemacht werden, beeindrucken. Nun hat Simon Schaupp mit „Stoffwechselpolitik“ eine Monographie vorgelegt, die seine bisherigen Arbeitsgebiete in einem umfassenderen Konzept zusammenführt.
WeiterlesenUkrainian History X: The Past in unwritten
In einer Zeit, in der der Krieg in der Ukraine andauert und materialistische Stimmen gegen jene ankämpfen müssen, die alles schon immer gewusst haben, hat Volodymyr Ishchenko ein ganz besonderes Buch herausgebracht. Eine Anthologie vergangener Artikel ist an sich nichts Besonderes. Normalerweise sind die Gegenstände der Artikel aber bereits geronnene Geschichte und politisch irrelevant. Towards the Abyss wird aber in einer Zeit veröffentlicht, in welcher Einschätzungen des Maidan, der Regierung Selenskys und dem Kriegsbeginn immer noch als politische Statements gelesen werden. Ein Buch gegen das Vergessen.
WeiterlesenAusblick auf die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2024: Torkil Lauesens globale Perspektive
Am 13. Januar 2024 findet zum 29. Mal die Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung junge Welt unter dem Motto »Wem gehört die Welt?« im Tempodrom in Berlin statt. Sie wird als Livestream übertragen, Tickets sind aber noch an der Tageskasse erhältlich. Die große thematische Klammer wird die Bewertung des zeitgenössischen Antiimperialismus sein. Mit Fikrejesus Amahazion wurde ein Menschenrechtsforscher aus Eritrea, mit Sevda Karaca ein türkische Abgeordnete der Arbeiterpartei und mit Ignacio Ramonet eine zentrale Figur des Weltsozialforums eingeladen. Jeremy Corbyn wird gemeinsam mit anderen britischen Aktivisten eine Manifestation abhalten. Das Programm ist also recht bunt gemischt und keinesfalls ausschließlich marxistisch oder kommunistisch. Als dezidierten Kommunisten könnte man wohl noch am ehesten Torkil Lauesen bezeichnen, der über die Frage, wie Widerstand, praktische Solidarität und Antiimperialismus heute zu organisieren seien, referieren wird. Sein Buch Die globale Perspektive wurde letztes Jahr beim Unrast-Verlag aus dem Dänischen ins Deutsche übersetzt. Wir nutzen seine Einladung, um die zentralen Thesen des Buches vorzustellen und einen kleinen Vorgeschmack auf die Konferenz zu geben.
WeiterlesenDie Anatomie des Grammophons
Der Dokumentarfilmer, Autor und Lehrer Michael Chanan zeichnete in seinem Buch From Printing to Streaming die technische Entwicklung der Medienindustrie nach und zeigte auf, wie die materielle Basis der Kunst immer wieder neue ideologische Formen schuf, die auf ihre technische Basis zurückspiegelten. Das Buch wurde für den Isaac-Deutscher-Preis 2023 nominiert, konnte sich jedoch nicht gegen Heide Gerstenbergers Market and Violence durchsetzen.
WeiterlesenIsaac-Deutscher-Preis 2023: Heide Gerstenbergs „Market and Violence“
Heide Gerstenberger von der Universität Bremen hat in diesem Jahr als erste Frau seit 1986 und erste*r deutsche*r Autor*in überhaupt den bekanntesten marxistischen Wissenschaftspreis – den Isaac-und-Tamara-Deutscher-Preis – gewonnen. In ihrem Buch Market and Violence, der englischen Übersetzung von Markt und Gewalt. Die Funktionsweise des historischen Kapitalismus (2019)beschreibt sie, wie der Kapitalismus in allen seinen Phasen, von der ursprünglichen Akkumulation bis zum entwickelten Imperialismus immer fundamental auf Gewalt beruhte, und zwar nicht nur im Sinne eines passiven Herrschaftsverhältnisses, sondern in Form von unmittelbarer, blutiger und historisch einmaliger Gewalt. Eine Rezension.
WeiterlesenEpidemie Depression und der Wert des Lebens
Welchen Wert haben Medikamente und Krankheiten in verschiedenen Kulturen? Warum wird Depressionen im Westen ein ganz anderer Wert beigemessen als im Osten? Und wie kommt er überhaupt zustande; der Wert? Stefan Ecks entwickelte in seinem Buch „Living Worth: Value and Values in Global Pharmaceutical Markets“ ein Konzept des Wertes, mit dem er auch den Begriff von Karl Marx zu widerlegen glaubt.
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