Jurassic Capitalism

Ist Russland imperialistisch? Diese Frage diskutieren drei Vertreter*innen der post-sowjetischen Schule des kritischen Marxismus: Aleksandr Buzgalin, Angrej Kolganov und Olga Barashkova. In einem 2016 von der ökonomischen Fakultät der Lomonosow Universität in Moskau herausgegebenen und in der International Critical Thought von Renfrey Clarke übersetzten Dossier analysierten sie sowohl die Charakteristika des modernen Imperialismus, als auch die Rolle Russlands in diesem. Wenngleich sie mit Herz an der Sache hängen, fordern sie auf, einen kühlen Kopf zu bewahren. Sie sehen die juristischen Formen und geopolitischen Interessen in dem Konflikt nur als nachgeordnete Momente an und stellen die Analyse der russischen Klassengesellschaft im globalen Imperialismus in das Zentrum.

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Marxismus in Russland

In den letzten Wochen sind einige Artikel erschienen, wie sich „russische Marxisten“ im Ukrainekrieg positionieren. In der Regel verurteilen sie den Krieg, geißeln das Putin-System als protofaschistisch und gehen auf Distanz zur KPRF. Aber was ist eigentlich „russischer Marxismus“? Gibt es nur einen? Wie einflussreich ist er in Wissenschaft und Politik?
In der aktuellen Critical Sociology geben Wissenschaftler*innen aus Moskau und St. Petersburg einen Überblick über den akademischen Marxismus in Russland. Insbesondere Olga Barashkova zeichnet in einem Artikel die unterschiedlichen Strömungen mit ihren Leitideen und -figuren nach. Sie geht insbesondere auf die Strömung der post-sowjetischen Schule des kritischen Marxismus ein.

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Imperialismus messen – der TADVA

Die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit bestimmt die Stellung einer Nation in imperialistischen Hierarchie der Weltmächte. Wer oben ist, sichert sich satte Extraprofite und kann unangenehme ausländische Regierungen erpressen. Wer unten ist, zahlt ständig drauf und kriegt bei Rebellion auf den Hut.
Die beiden Ökonom*innen Maria Markaki von der Hellenic Mediterranian University und George Economakis von der Universität in Patras haben in der World Review of Political Economics einen Indikator zur Messung der globalen Wettbewerbsfähigkeit entwickelt. Im Zentrum ihrer Analyse steht im Gegensatz zu anderen von Marxist*innen aufgestellten Indikatoren nicht der Preis der Ware Arbeitskraft, sondern die materielle Beschaffenheit einer nationalen Ökonomie.

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Debatte: Die Pyramide ist nur die Spitze – die Imperialismusdiskussion in der KO (II)

Mitte April ging die Imperialismusdiskussion innerhalb der Kommunistischen Organisation in ihre zweite Runde. Mittlerweile hat die Vollversammlung der KO die Imperialismusfrage zum Hauptgegenstand des im September stattfindenden Kommunismus-Kongresses gemacht. Die Frage hat also Gewicht. Da die Anzahl der Beiträge allein seit dem 10. April mehr als ein Dutzend teilweise recht langer Texte beträgt, soll hier für Eilige kurz der Diskussionsstand dargestellt werden. Teil 2 einer kleinen Diskussionsschau.

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Durch die Dornen in den Nebel – Yuliya Yurchenkos Buch „Ukraine and the Empire of Capital“

Der Kampf in der Ukraine ist schon jetzt ein Mythos. Für die einen der Kampf eines wehrhaften Volks für Freiheit und Demokratie, für die anderen die Befreiung von Faschismus und Willkürherrschaft der NATO. Mythen bleiben zwar Mythen, aber sie sind doch von dieser Welt. In ihnen spiegeln sich die materiellen Grundlagen des Kampfes der Klassen und ihrer historischen Blöcke wieder. Yuliya Yurchenkos Buch „Ukraine and the Empire of Capital“ über die ursprüngliche Akkumulation durch Diebstahl in der postsowjetischen Ukraine ist eines der meist rezipierten Bücher in der englischsprachigen Linken zur jüngeren Geschichte des Landes. In Deutschland wurde es kaum wahrgenommen.

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Debatte: Die Quadratur der Pyramide – Die Imperialismus-Diskussion der KO

Der russische Angriff auf die Ukraine spaltet das linke Lager seit Wochen. Während der Großteil sich immer noch gegen Waffenlieferungen und Sanktionen positioniert, besteht vielerorts Uneinigkeit über den Charakter des Krieges. Die Meinungen reichen von einer berechtigten Reaktion Moskaus auf die Ausbreitung der NATO bis hin zur Charakterisierung Russlands als imperialistisch. In diese Debatte intervenierte die Kommunistische Organisation, eine Abspaltung der DKP, mit sechs zur Diskussion gestellten Beiträgen. In folgendem Artikel sollen die argumentativen Grundzügen der Debattenbeiträge kurz vorgestellt und solidarisch diskutiert werden.

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Imperialismustheorien

Die Situation für die deutsche Friedensbewegung war unangenehm, wie unvertraut. Dieses Mal erfolgte ein kriegerischer Angriff nicht durch einen NATO-Staat – die USA, Großbritannien, die Türkei oder Deutschland – sondern durch Russland. Ein Teil der Linken rieb sich verwundert die Augen und schloss kurz, dass dies beweise, dass die Imperialismustheorie endgültig entsorgt gehöre, was mancherorts direkt mit dem Bekenntnis zu NATO und Aufrüstung verbunden war. Dabei ist es nicht das Zuviel, sondern das Zuwenig an Imperialismustheorie, was die Linke gerade in Erklärungsnot drängt. Marxistische Imperialismustheorie war nie eine moralistische Verurteilung eines westlichen Militarismus, sondern leitete sich aus den Bewegungsgesetzen des Kapitals ab. Und die gelten auch in Russland.

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Krieg der Narrative

In diesen Tagen verschärft sich der Konflikt um die Volksrepubliken Lugansk und Donezk zusehends und bringt die Region erneut in die Gefahr einer größeren militärischen Auseinandersetzung. Für den Großteil der deutschen Medienlandschaft ist bereits jetzt klar, dass die Vorfälle, wie die wechselseitige Verletzung der Waffenruhe oder die Autoexplosion in Donezk, nur den erwünschten Vorwand für einen Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine darstellen. Woher wissen die Journalist*innen dies, wenn sie sich weder in den betroffenen Gebieten aufhalten, noch Kenntnisse über die Pläne Moskaus haben?

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