Who cares for the Planners?

Ein Gespenst geht um in der Kalkulationsdebatte: es ist das Gespenst des Technikoptimismus. Die jüngsten Entwicklungen auf dem Gebiet des maschinellen Lernens und des digitalen Kapazitätsausbaus lassen immer mehr Genoss*innen vom digitally automated luxury communism träumen. Angesichts der multiplen Krisen des globalen Kapitalismus und der Unfähigkeit des Marktes, die Klimakrise zu bewältigen, haben sich demokratische Planwirtschaftskonzepte entwickelt, die auf weitgehende Digitalisierung als Tor zu breiter Partizipation setzen.
Christoph Sorg von der Ruhruniversität in Bochum fragt jedoch, ob hier nicht zu kurz gedacht wird. Wie viel Kapitalismus steckt in der Digitalisierung, den man auch nicht mehr herausbekommt? Diese Frage diskutierte er in der aktuellen Critical Sociology. Er schaute sich die aktuelle Literatur zur Debatte an und fokussierte sich auf die Berücksichtigung der Reproduktionsarbeit und den Umgang mit den Ressourcen der Natur.

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Soziologie in Berlin (Hauptstadt der DDR)

Wovon spricht man, wenn man „DDR-Soziologie“ sagt? Von der Entfaltung einer Wissenschaft unter den ganz konkreten Bedingungen eines auf den Trümmern des Zweiten Weltkriegs aufgebauten sich sozialistisch verstehenden Staates? Von einer durch den Marxismus-Leninismus geprägten Interpretation einer Wissenschaft? Vom kollektiven Werk der Soziolog*innen in der DDR oder von den Menschen, welche diese Werke verfasst haben? Oder einfach von der Negativfolie einer politisch indoktrinierten unfreien Wissenschaft gegenüber der heutigen jeglicher Ideologie und politisch-ökonomischen Beeinflussung unverdächtigen freien Soziologie?

Barbara Grüning von der Universität in Mailand Bicocca hat im Journal of Classic Sociology das Werk und Wirken von 63 ostberliner Soziolog*innen analysiert, um tiefer in die Geschichte der Wissenschaft einzutauchen. Sie eröffnet damit einen facettenreichen Blickwinkel auf die Dynamiken zwischen Wissenschaft und Politik in der DDR, die sich mit dem Begriff Totalitarismus nicht redlich beschreiben lassen.

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Konkreter Marxismus konkret (2/2)

Unter der Klammer des “konkreten Marxismus” versammelte die Dezember-Ausgabe der International Critical Thought mehrere Aufsätze zu marxistischen Ansätzen aus verschiedenen Ländern der Erde. Hier sollen drei Ansätze vorgestellt werden, die alle eine andere Form der Konkretisierung umfassen. Zum einen die konkrete Anwendung auf ein Land – Vietnam. Dann die Anwendung auf eine Phase des Kapitalismus – den Spätkapitalismus. Und die Anwendung durch einen konkreten Denker – Samir Amin. Abschließend soll diskutiert werden, was alle drei konkreten Formen des Marxismus überhaupt noch gemeinsam haben, um unter einem gleichen Begriff zusammengefasst werden zu können. Teil 2 von 2.

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Konkreter Marxismus (1/2) – Saving Deng Xiaoping

Die International Critical Thought fragte in seiner Dezember-Ausgabe nach dem Marxismus in seiner konkreten Form. In mehreren Artikeln sollte das Spannungsverhältnis zwischen abstraktem und konkretem Marxismus ausgelotet werden. Den Auftakt machten der Utopieforscher Antonis Balasopoulos aus Zypern und der marxistische Calvinist Roland Boer, Professor an der Schule des Marxismus der Technischen Universität Dalians in China, mit einer undankbaren Aufgabe. Sie verteidigten den Dengismus. Ganz konkret.

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Die internationale Forschungsstelle DDR

Um eine vom bürgerlichen Ideologieapparat unabhängige Instanz zur Erforschung des wechselvollen Verhältnisses von DDR und dem nichtimperialistischen Ausland, wurde die internationale Forschungsstelle DDR gegründet. Sie arbeitet in Partnerschaft mit dem Tricontinental Institute for Social Research, das mit klangvollen Namen wie Jeremy Corbyn oder Vijay Prashad verbunden ist. Eine kleiner Abriss über das Institut und seine bisher veröffentlichten Schriften.

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Autonomie, Demokratie, Nachhaltigkeit, Planwirtschaft

Die digitale Revolution macht sie möglich, die ökologische Katastrophe macht sie notwendig: Planwirtschaft. Schon länger hat ein Großteil der sozialistischen und ein kleinerer Teil der sozialdemokratischen und grünen Bewegung davon Abstand genommen, die Natur als Grundbedingung der menschlichen Existenz könne auf Basis von Markt- und Profitanreizen gerettet werden. Im Sommer veröffentlichten die Ökonomen Fikret Adaman und Pat Devine ihren „Rückblick auf die Kalkulationsdebatte“.
Die Rethinking Marxism hat in der aktuellen Ausgabe drei Kritiken an dem Text Adamans und Devines veröffentlicht und den beiden Autoren die Möglichkeit eingeräumt, auf diese zu antworten. Es entspann sich eine interessante Debatte, in der unter anderem die Fortpflanzung rassistischer und sexistischer Strukturen, die Aufgabe der Assoziationen freier Produzent*innen und die innere Widersprüchlichkeit der Zieltriade Autonomie, Demokratie und Nachhaltigkeit zur Debatte gestellt wurde.

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100 Jahre Proletariat in China – eine Jubiläumsschrift

Anlässlich des 100. Geburtstages der Kommunistischen Partei Chinas haben Ivan Franceschini und Christian Sorace einen Sammelband Proletarian China – A Century of Chinese Labour im Verso-Verlag herausgebracht. In diesem beleuchten etwa 70 Artikel die Geschichte des chinesischen Proletariats als Klasse. Das Buch verbindet dabei die große Geschichte Chinas mit den kleinen Geschichten der Arbeiter*innen. Eine Rezension.

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Modelling Marx

Karl Marx und Friedrich Engels haben für sich in Anspruch genommen, die Bewegungsgesetze der Gesellschaft und im Kapital der kapitalistischen Gesellschaft entdeckt zu haben. Allerdings verwehren sie sich experimenteller Überprüfung. Eine Möglichkeit gibt es jedoch: Computersimulationen. Die US-amerikanischen Wissenschaftler Jonathan F. Cogliano, Roberto Veneziani und Naoki Yoshihara haben die bisherige Literatur gesichtet und in einem bisher einmaligen Dossier zusammengefasst. Philosophen haben die Welt bisher nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu berechnen.

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Dunkhase oder Sandleben? Dunkhase und Sandleben!

Der Papyrossa-Verlag hat 2022 zwei Bücher über Planwirtschaft und Arbeitszeitrechnung innerhalb weniger Wochen herausgegeben. Guenther Sandlebens „Gesellschaft nach dem Geld“ und Dunkhases „Plädoyer für Planwirtschaft“ sind zwei Bücher, die miteinander in Diskussion treten. Während Sandleben eher den knappen Überlicksband mit Fokus auf die Debatten von Wirtschaftswissenschaftlern aus den kapitalistischen Ländern vorgelegt hat, erweitert und vertieft Dunkhase mit Aspekten der real-sozialistischen Debatten und den konkreten Vorschlägen Cockshotts und Cottrells. Zum Abschluss der kleinen Rezensionsserie möchte ich die beiden Bücher gerne einmal in den Kernpunkten vergleichen.

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