Die Linke und der Post-Islamismus

Siavash Saffari hat die historische Genese zweier typischer Vertreter post-islamistischer Systeme – die AKP-Herrschaft in der Türkei und die Nachkhomeiniherrschaft im Iran – untersucht und deren Bedeutung für die politische Linke. Gibt das Aufschluss darüber, was in Syrien zu erwarten ist?

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Wählen linke Staaten in den UN proletarisch?

Gibt es eigentlich Klassen unter den Staaten, sowie es Klassen innerhalb von Gesellschaften gibt? War China während seiner Zeit als Werkbank der Welt irgendwie ein*e zur Nation gewordene*r Proletarier*in? Ist Großbritannien nach außen hin ein Akteur des Finanzkapitals, Deutschland des Monopolkapitals und Indien der Bauernklasse? Nicholas Lees hat in der Cooperation and Conflict das Abstimmungsverhalten aller Länder in der UNO zwischen 1946 und 2020 untersucht. Er versuchte herauszufinden, ob die dominierenden Klassen mehr Einfluss auf das Abstimmungsverhalten hätten als bürgerliche Kategorien wie Autokratie und Demokratie.

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Sanktionen machen Feinde der Feinde zu Feinden

Es ist eine politische Binsenweisheit, dass man über die wirklichen Auswirkungen von Wirtschaftssanktionen kaum Bescheid weiß. Dabei haben sie sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten politischen Druckmittel jenseits militärischer Interventionen entwickelt. Man sollte daher meinen, die herrschenden Klassen ein bescheidenes Interesse daran haben dürften, mehr über den Nutzen und Schaden zu erfahren. Ein Schelm könnte aber auch vermuten, dass man es gar nicht so genau wissen möchte. Denn betroffen sind in der Regel nicht nur verfeindete Zielländer, sondern auch unabhängige Staaten oder gar Verbündete. Abraham L. Newman und Qi Zhang haben in der Review of Political Economy die Sanktionen 2010 gegen den Iran untersucht und überprüft, wie sie vermittelt wurden und wer von ihnen betroffen war.

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Middle Class Struggles

In Deutschland gehört das Bekenntnis zur politischen und gesellschaftlichen Mitte zur institutionellen Folklore. Doch die Medien beklagen geradezu die Erosion der gesellschaftlichen Mitte, die als systemstabiliserend und wohlstandssichernd angesehen wird. Was es aktuell mit den Mittelklassen und ihrer Veränderung auf sich hat, haben in letzter Zeit mehrere Studien untersucht. An dieser Stelle wollen wir zwei Studien diskutieren, die politische Prozesse entlang der Unterscheidung von Neuen und Alten Mittelklassen entwickeln; eine aus Europa und eine aus Marokko.

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Globales Wertgesetz 2.0

Das Marxsche Wertgesetz, nachdem unabhängig vom staatlichen Handeln Preise und Werte von der Zeit der abstrakten Arbeit abhängen, ist nicht nur von bürgerlichen Ökonom*innen, sondern auch von marxistischen Autor*innen vielerorts kritisiert worden. Insbesondere auf globaler Ebene erscheint es kontraintuitiv. Wird nicht in der kapitalistischen Peripherie weit länger und intensiver gearbeitet, als in den imperialistischen Zentren? Fällt nicht zugleich ausgerechnet dort nur ein Bruchteil des Werts ab? Wie passt das zusammen? Und wenn Wert, wie Marx sagt, eine soziale Kategorie ist, muss sich dann die Abhängigkeit des globalen Südens nicht auch in einem der Realität angemessenen veränderten Wertgesetz widerspiegeln?

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Paschukanis in Form gebracht

Eugen Paschukanis war neben den Grundrissen eine der großen (Wieder)Entdeckungen der Neuen Linken. Nach dem Sieg der Roten Armee über den Hitlerfaschismus war es der bundesrepublikanischen Bourgeoisie gelungen, einen integrativen Staat aufzubauen, der große Teile der Arbeiter*innenklasse das erstmals ideologisch vereinnahmen konnte. Der schwedische Menschenrechtsforscher Carl Wilen versuchte in der Capital & Class, Paschukanis‘ Ansatz neu zu systematisieren. Er unterschied nicht nur logische und historische Form des Rechts, sondern auch die verschiedenen Abstraktionsebenen, um sie in einen gemeinsamen dialektischen Kontext zu setzen.

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Isaac-Deutscher-Preis 2023: Heide Gerstenbergs „Market and Violence“

Heide Gerstenberger von der Universität Bremen hat in diesem Jahr als erste Frau seit 1986 und erste*r deutsche*r Autor*in überhaupt den bekanntesten marxistischen Wissenschaftspreis – den Isaac-und-Tamara-Deutscher-Preis – gewonnen. In ihrem Buch Market and Violence, der englischen Übersetzung von Markt und Gewalt. Die Funktionsweise des historischen Kapitalismus (2019)beschreibt sie, wie der Kapitalismus in allen seinen Phasen, von der ursprünglichen Akkumulation bis zum entwickelten Imperialismus immer fundamental auf Gewalt beruhte, und zwar nicht nur im Sinne eines passiven Herrschaftsverhältnisses, sondern in Form von unmittelbarer, blutiger und historisch einmaliger Gewalt. Eine Rezension.

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Was bringt eigentlich die Theorie des ungleichen Tauschs?

Über den ökonomischen und ökologischen ungleichen Tausch entspinnt sich seit Jahren eine Debatte, sowohl über seine Funktionsmechanismen, als auch politische Konsequenzen. Die Capitalism Nature Socialism dokumentierte stellvertretend einen Streit zwischen Andrea Ricci, Alf Horborg und Peter Sommerville (hier bereits dokumentiert). Jüngst veröffentlichte Ricci in diesem Journal eine erneute Antwort, in der er insbesondere die Bedeutung des ungleichen Tausches für die internationale soziale Bewegung diskutierte.

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Die Social Reproduction Theory … über Lohn und Hausarbeit

Die sogenannte Social Reproduction Theory hält unbezahlte Reproduktionsarbeit für systemimmanent und untersucht die Bedingungen, unter welchen sie eine bestimmte Form annimmt. Dem zugrunde liegt die Feststellung, dass jede Produktion auch immer wieder eine Erneuerung und Erweiterung ihrer eigene Bedingungen benötigt und die Reproduktionsarbeit demgemäß trotz des anarchischen Wettbewerbs der individuellen Willen mit Zwang koordiniert werden muss. Pedro M. Rey-Araújo vom Centre of Time-Use Research des University College Londons kartographierte in der New Political Economy die Social Reproduction Theory.

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