Blick ins Heft: die neue Вопросы политической экономии

⋄ Russlands Demokratie ist zwar nicht liberal, die Regierung autoritär und die Pressefreiheit eingeschränkt, dennoch gibt es eine seriöse wissenschaftliche Debatte und Forschung auf dem Feld der Kritik der politischen Ökonomie.

⋄ Eines der führenden Journale ist die
Voprosi Politicheskoy Ekonomii von der Lomonossow-Universität in Moskau. Die aktuelle Ausgabe erschien vergangene Woche.


⋄ Sergei Yachin und Sergei Fetsov verstehen Bildung als Teil des konstanten Kapitals, um die Dienstleistungsgesellschaft materialistisch fassen zu können.

⋄ Dmitri Miropolsky argumentiert in der Dialektik Hegels und Ilyenkovs, dass jede Planwirtschaft die Warenform bereits in sich trage und damit kein Kommunismus sei.

⋄ Svetlana Dolmatova wirft einen Blick zurück auf den sowjetischen Beitrag zur Klimakonferenz von Rio de Janeiro, der begründet, dass Frieden, Entwicklung und Ökologie zusammengedacht werden müssen.

Russland ist kann man mit einigem Recht als eine gelenkte Demokratie mit autokratischer Regierung bezeichnen. Die Pressefreiheit ist eingeschränkt in dem Sinne, dass zwar sehr vieles geschrieben werden kann und auch geschrieben wird, aber das Damoklesschwert willkürlicher Verhaftungen über jedem kritischen Geist schwebt. In Russland gibt es so viele Zensurgesetze, dass man sich kaum eine Äußerung ausdenken könnte, die nicht mit Hilfe dieses oder jenes Paragraphen verfolgt werden könnte. Und geradezu täglich warten Hinterbänkler der Regierungspartei Vereinigtes Russland mit neuen absurden Gesetzesvorschlägen auf.

Das heißt jedoch nicht, dass Russland ein totalitäres Land ist. Gleichgeschaltet sind Presse und Wissenschaft bei weitem nicht. Auch wenn Kritik am Krieg in der Ukraine oder die Kooperation mit westlichen Geldgebern immer ein Ritt auf der Rasierklinge sind, werden viele politische und wirtschaftliche Fragen kontroverser diskutiert als in Deutschland. Marxistische Wissenschaft hat sogar an den Universitäten überlebt und unter dem akademischen Überbau dutzender kapitalismuskritischer Lehrstühle an den Universitäten erstreckt sich eine breite Basis an verschiedensten Schulen, Journalen, Blogs, Videoprojekten oder Graswurzelorganisationen. Ein Leitmedium der akademischen Linken in Russland ist die Voprosi Politicheskoi Ekonomii, die Fragen der politischen Ökonomie. Sie wird von der Lomonossow-Universität in Moskau herausgegeben und von den beiden bekannten Marxisten Aleksandr Buzgalin und Andrey Kolganov redaktionell geleitet. Sie erscheint vierteljährlich und kann kostenlos auf ihrer Homepage (siehe Literatur) eingesehen werden. Vergangene Woche erschien die aktuelle Ausgabe. Ein kleiner Überblick über drei interessante Beiträge.

Yachin und Fetsov: Bildung ist eine Ware

Sergei Yachin und Sergei Fetsov haben sich mit den modernen kapitalistischen Ökonomien als Dienstleistungsgesellschaften auseinandergesetzt. Nach ihnen könnten viele Dienstleistungen ebenso zur produktiven Arbeit gezählt werden, auch wenn keine materialisierte Ware entstünde. Definiert sei diese sowohl nach Lesart der UNO als auch in marxistischer Tradition als Arbeit, bei der Produktion und Konsumtion zusammenfallen. Somit sei nur das Kriterium entscheidend, ob mit einer Dienstleistung einer produktiver Profit erwirtschaftet würde oder nicht. Die Autoren sehen es als ein weiteres Charakteristikum an, dass eine Dienstleistung häufig auch die Zeit des Konsumenten verbraucht. Dass ist nicht ganz stichhaltig, da etwa das Putzen der Wohnung gegen Bezahlung die Zeit des Konsumenten nicht in Anspruch nimmt. Im Gegenzug benötigen auch ganz materielle Waren Zeit zum Konsum durch die Käufer*in. Man erinnere sich an das Bonmot Schopenhauers, dass es schön wäre, die Zeit zum Lesen bei einem Buch gleich mitkaufen zu können. Dennoch gibt es Dienstleistungen, die sogar eine ganz aktive Beteiligung der Konsument*in erfordern.

Hier haben die beiden Autoren insbesondere die Bildung im Sinn. Sie schlagen folgende originelle Interpretation der Bildung vor, um die immaterielle Dienstleistungsökonomie materialistisch zu fassen. Vergegenständlichte Bildung seien als konstantes Kapital der Ware Arbeitskraft zu verstehen. Das ist aus vielerlei Gründen attraktiv. Erstens torpediert dies postmaterialistische Mythenbildung der Gattung, die behauptet, dass in einer Wissensgesellschaft Bildung eine Art Allmende sei, mit der alle kapitalistischen Widersprüche gelöst werden könnten. Bildung als konstantes Kapital hingegen trage zwar einen immateriellen Charakter, sei aber genauso Produkt von menschlicher Arbeit, konkreter wie abstrakter, wie jede andere Ware. Das Problem, dass das konstante Kapital scheinbar immer weniger und die organische Zusammensetzung immer kleiner werde, ein Widerspruch zu den Marxschen Annahmen, löse sich in der Immaterialität der Bildung auf. Wobei Immaterialität nicht ganz korrekt ist, da auch solche Arbeitsprozesse Strukturen im Gehirn ganz physisch verändern. Zweitens wäre die These empirisch überprüfbar. Angenommen ein Arbeitsleben betrage 40 Jahre nach einem vier Jahre währendem Studium, dann ist sie um 10% teurer als die ungelernte Arbeit. Das ließe sich messen.

Wenn die Theorie empirisch haltbar ist, widerlegt sie die Weisheit, dass Bildung die Grundlage für Wohlstand sei. Das funktioniert aus dem Grund nicht, da sie als Fixkosten in den Warenwert eingeht, aber nur zu ihrem eigenen Wert. Konstantes Kapital schafft keinen Mehrwert. Zu einer Zeit, in welcher der Zugang zu Hochschulen stark begrenzt war, hatte höhere Bildung quasi Monopolcharakter und bildete sich durch Verknappung nicht äquivalent im Warenwert ab. Heute, wo ein Studium, ob durch Kredite oder den Staat finanziert, der Mehrzahl des Proletariats offen steht, geht diese nur noch zu ihrem Äquivalenzwert in den Wert der Ware Arbeitskraft ein. Das Kapital hat damit die Bestrebung, erstens die Bildung immer preiswerter zu machen (Rationalisierung im Bildungswesen, Verallgemeinerung der hohen Bildung, etc.) und zweitens die Produktion selbst zu rationalisieren, damit sie immer weniger komplizierte Arbeit, sprich weniger teure Produktionsmittel, erfordert. Die Folge ist diese: Eine Verbilligung der Ausbildung führt zur Verbilligung des Warenwerts, auch wenn dadurch die organische Zusammensetzung sinkt und sich die Profitrate erhöht.

Yachin und Fetsov schlagen zur Analyse dieser widersprüchlichen Dynamik eine doppelte Buchführung der Zeit durch die ökonomische Statistik vor: die konkrete mit der Uhr messbare konkrete Zeit und die abstrakte im Tauschwert abgebildete, gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit. Auch dem Kapital könne dieser Widerspruch nicht egal sein, schließlich sei es auf das Wissen als Produktionsmittel angewiesen. Wenn sich dieses konstante Kapital jedoch nicht im Warenwert abbildet, verkauft es die Ware unter Wert. Das kann nicht dauerhaft funktionieren. Zeitweilig lassen sich diese Widersprüche zwar durch ein durch den ideellen Gesamtkapitalisten organisiertes Bildungssystem bewältigen, aber auch dieser muss die Ressourcen bereit stellen können. Dass dieser Beitrag zum Warenwert jedoch gesellschaftlich kaum anerkannt wird, zeigt nicht erst die Tatsache, dass 100 Milliarden für physisches Kriegsgerät schneller locker gemacht werden als für Schulen und Universitäten.

Miropolsky: Über den Grundwiderspruch der Planwirtschaft

Dmitri Miropolsky ging der Frage nach, wie verschiedene marxistische Schulen Russlands den Sozialismus bewerteten. Der Dissenz besteht darin, ob jeder Sozialismus als Übergang zwischen Kapitalismus und Kommunismus erst einmal zu begrüßen sei, auch wenn seine konkreten Erscheinungsformen problematisch sind. Oder ob ein Sozialismus die befreite Gesellschaft bereits konkret vorweg nehmen müsse bzw. nur eine sehr kurze revolutionäre Übergangsphase vor einem sich weiterentwickelnden Kommunismus bezeichnet.

Letzterer Argumentation folgte der bekannte kritische Ökonom und Dialektiker Nikolai Tsagolov und dessen Sohn Georgy Tsagolov. Sie sagen, dass kein einziges System sozialistisch genannt werden könne, wenn nicht die volle Planbarkeit der gesellschaftlichen Ressourcen gegeben sei. Um volle Planbarkeit zu erreichen, müsse das Privateigentum auch konsequent und revolutionär gestürzt werden. Georgy Tsagolov sieht daher nominal sozialistische Systeme wie China oder Vietnam als so genannte integrale Systeme an, die versuchen, die Mängel der Sozialismus mit kapitalistischen Methoden und umgekehrt auszugleichen. China unterscheide sich damit kaum von den skandinavischen Ländern. Gestützt werde diese Argumentation durch James Galbraiths Konvergenztheorie, nach der eine staatliche Bürokratie häufig einem privaten Monopol vorgezogen werde, weil es zwar reaktionsträge, aber weniger ausbeuterisch sei. Konsequenterweise hat daher bereits Nikolai Tsagolov bereits zu Sowjetzeiten sämtliche Versuche, die sowjetische Bürokratie durch Marktreformen zu „verbessern“, abgelehnt.

Dieser Argumentation stellt Miropolsky das Konzept von I.K. Smirnova entgegen. Sie greift die starre Trennung von Marktwirtschaft und Planung an, welche dem Konzept Tsagolovs zu Grunde liegt. Geplant werde nach Smirnova schon seit der Zeit vor der neolithischen Revolution. Die Form der Ware sei mit der Planung der Arbeit bereits in den Produkten der Urgesellschaften angelegt gewesen. Eefangener Fisch hatte zum Beispiel nicht nur einen Gebrauchswert, sondern mehrere. Einen für das einzelne Stammesmitglied, einen anderen für den Stamm als Ganzen. Das Individuum befriedigt sein individuelles Bedürfnis, für den Stamm bedeutet der Fisch und insbesondere die Menge an Fisch einen Beitrag zur Gesamtreproduktion. Der Akt, dass die Fischer*in den Fisch nicht an Ort und Stelle aufisst, sondern zum Stamm trägt und gemeinsam verzehrt, interpretiert Smirnova als Keimzelle der Planung. Und da der Fisch nicht nur das Potential in sich birgt, Energie für die Fischerei des nächsten Tages bereitzustellen, sondern für alle verschiedenen Arten von konkreten Arbeiten, ist auch der Tauschwert bereits in dieser Frühform eines Guts angelegt. Natürlich ist er das sehr zufällig, da ein einzelner Stamm kaum die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit über Märkte ermitteln kann wie im Kapitalismus. Aber er ist eben doch vorhanden und wie sich bei Hegel der Widerspruch zwischen einem und vielem in der Wissenschaft der Logik zum Maß weiterentwickelt, entwickelt sich dieser inhärente Widerspruch zwischen Gebrauchswert für einen und Gebrauchswert für viele zum abstrakten Wert weiter.

Miropolsky ist die Brisanz dieser Herleitung bewusst. Schließlich sehen viele Kommunist*innen die Planwirtschaft als eine Gebrauchswertwirtschaft an, in denen die Produktion der Mittel zur Befriedigung der menschlichen Bedürfnisse nach Fähigkeiten der Gesellschaftsmitglieder geplant wird. Nach Smirnovas Argumentation ist im Gebrauchswert aber immer der Tauschwert als Keimzelle enthalten und damit die Warenform. Sie und Miropolsky bestehen darauf, dass es auch in einer perfekten Planwirtschaft diesen Widerspruch gibt. Dieser Widerspruch entfalte sich im Gegensatz Kapital als Besitz des Einzelnen und Plan als Moment der Vielen (in der Urgesellschaft des Stammes). Und er entwickelte sich notwendigerweise in der Sowjetunion in der Gestalt, dass sich eine bürokratische Klasse die Herrschaft über das gesellschaftliche Produkt aneignete und die private Bedürfnisbefriedigung regelte. Der Sozialismus ist in dieser Lesart nicht die Überwindung des Kapitalismus, sondern die Herrschaft des bereits im Kapitalismus angelegten Planmoments über das Kapitalmoment.

Bedeutet das nun, dass es nie einen Kommunismus als Zustand geben kann? Miropolsky sagt: ja. Solange es noch eine Teilung der Arbeit gibt, solange wird es keinen Kommunismus geben. Eine Planwirtschaft plant jedoch gerade die geteilte Arbeit und kann damit kein Kommunismus sein. Wie eine kommunistische Gesellschaft als eine Gesellschaft ohne jegliche Arbeitsteilung aussehen könnte, darüber gebe es noch keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Man könne nur sagen, dass er sich aus beidem entwickeln könne: aus dem Kapitalismus, wie aus dem Sozialismus.

Svetlana Dolmatova: Klimakrise und Polykrisen

Svetlana Dolmatova problematisierte den Einfluss internationaler Prozesse auf eine kohärente globale Klimapolitik. Sie stellte zunächst fest, dass in der westlichen Rezeption die Klimakonferenzen von Stockholm 1972 und Paris 2015 breit rezipiert würden, die Klimakonferenz von Rio de Janeiro 1992 jedoch weitestgehend in Vergessenheit geraten sei. Diese Konferenz sei das Ergebnis eines acht Jahre andauernden Prozesses gewesen, der mit dem Einsetzen der Bruntland-Kommission 1984 begonnen hätte. Während die Sowjetunion an den Vorbereitungen zu Stockholm auf Grund internationaler Spannungen nicht involviert gewesen sei, habe sie sich aktiv in den Bruntland-Prozess eingebracht, namentlich durch das Kommissionsmitglied Vladimir Sokolov. Der Zoologieprofessor war einer der führenden Köpfe in der Umweltforschung und -erziehung der UdSSR und Herausgeber der beiden Bände „Rotbuch der Sowjetunion“ und „Rotbuch der Russischen Sozialistischen Republik“ über bedrohte Tierarten.

Der Bruntland-Bericht gilt als Geburtsstunde des Begriffes der Nachhaltigkeit und berücksichtigte erstmals die Perspektiven der Ökonomie und der Entwicklung ehemaliger Kolonien gemeinsam mit der Umweltproblematik. Die Deckung der Grundbedürfnisse der kapitalistischen Peripherie oder der Staaten des dritten Weges sollten Vorrang vor erweiterten Bedürfnissen in den imperialistischen Zentren bekommen. Alle Ökonomien, ob marktorientiert oder zentral gelenkt, sollten ökologische und soziale Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellen und die Regierung entsprechende Wirtschaftsverfassungen erlassen. Der Bericht kann auch als Absage an das beständige Wettrüsten des Kalten Krieges gelesen werden, denn er schlug Technologieverzicht vor, wenn sie nicht zukünftigen Generationen unzweideutig diene. Dass der Bruntland-Prozess erstmals Frieden, Ökonomie und Ökologie als Einheit betrachtete, schreibt Dolamtova der Beteiligung der Sowjetunion zu.

Dass dieser Prozess heute in Vergessenheit geraten sei, betrachtet sie als Ausdruck einer Polykrise nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Während Sokolov darauf gedrängt habe, soziale und politische Krisen systemübergreifend kollegial zu bewältigen, um sich gemeinschaftlich der großen Krise des Klimawandels zu stellen, habe der imperialistische Druck der USA genau das Gegenteil bewirkt. Mit dem Übergang zum Kapitalismus brach die russische Wirtschaft zusammen, Oligarchen gaunerten sich das Volksvermögen zusammen und die einfache Bevölkerung dachte zunächst an das unmittelbare Überleben anstatt das langfristige. Die globale Dominanz der Vereinigten Staaten wiederum habe keinen Pax Americana geschaffen, sondern die USA befänden sich in einer internationalen Dauerkrise, in der sie entweder gerade in militärischen Einsätzen sind oder diese vorbereiten. Der sich während der zeitweiligen Schwäche der Arbeiter*innenbewegung ausbreitende Neoliberalismus erhob wirtschaftliches Wachstum zum alleinigen Primat, dem sich alle Länder zu beugen hatten. Um den Sieg im Kalten Krieg dennoch als etwas Wünschenswertes darzustellen, lösche man nach Dolmatova die Erinnerung an den Bruntland-Prozess und die Klimakonferenz von Rio de Janeiro systematisch aus. In der Datenbank der UNO seien die geleisteten Beiträge von Sokolov und seinen Mitarbeiter*innen nicht mehr zu finden.

Daraus ergibt sich für die Autorin die Schlussfolgerung, dass die Bedeutung des Bruntland-Papiers und der Klimakonferenz von Rio, genauso wie die Ursachen für das Scheitern, stärker in die Öffentlichkeit gerückt werden müssten. Denn dann zeige sich, dass nur eine multipolare Welt, in der die Friedenssicherung den Vorrang vor imperialistischen Interessen bekomme, die notwendige Voraussetzung für eine nachhaltige Klimapolitik sein könne. Nicht zuletzt wird sie diese Worte vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Konfliktes zwischen China und den USA geschrieben haben, der droht, wichtige internationale Weichenstellungen für eine ökologische und sozial nachhaltige Arbeitsteilung in der Welt zu verhindern.

Zusammenfassung

Die aktuelle Voprosi macht deutlich, dass kritisches marxistisches bzw. heterodoxes Denken in Russland noch lange nicht ausgestorben ist. Yachins und Fetsovs Theorie, die Bildungskosten als konstantes Kapital im gesamtgesellschaftlichen Verwertungsprozess zu berücksichtigen müsste zwar noch empirisch belegt werden, ist aber schlüssig und löst viele Knoten in den Köpfen, welche durch die scheinbare Immaterialität der modernen Dienstleistungsgesellschaften entstanden sind. Miropolskys Behauptung, dass letztendlich jede Planung den Tauschwert als Keimzelle bereits in sich trage, steht in bester Tradition der Dialektik Hegels und Ilyenkovs und hat es in sich. Sie ist nichts anderes als eine philosophische Extremform des kommunistischen Bilderverbots und eine prinzipielle Kritik an jeder Form von Planung und Arbeitsteilung. Wahrscheinlich müsste man entgegen, dass sich die Planung im Kommunismus am Prinzip „Jeder nach seinen Bedürfnissen, jeder nach seinen Fähigkeiten.“ orientieren würde und damit das Tertium Comparationis wegfiele, dass den Tauschwert bestimmt. Aber das wäre nur ein Ansatz, keine fertige Widerlegung. Und Dolmatovas Einschätzung, dass die Klimakrise nur mit dem Abbau internationaler Spannungen gelingen könne, ist zwar moralistisch und verkennt die Zwänge, die dem Imperialismus zu Grunde liegen. Dennoch ist ihr Rückblick auf den Beitrag der Sowjetunion zur Nachhaltigkeitsdebatte ein kleines Fundstück. Wie in jeder Ausgabe liegen also Licht und Schatten dicht beieinander. Die Zeitschrift gibt schließlich auch keynesianistischen und linkssozialdemokratischen Autor*innen Platz. Dennoch ist das Niveau der Debatte hoch und die Voprosi eines Journals to Read der internationalen marxistischen Debatte.

Literatur:

alle Beiträge in:

Voprosi Politicheskoy Ekonomii (2023). Jahrgang 33. Ausgabe 1.

Beiträge:

Долматова, С: Устойчивое развитие в эпоху поликризиса и дезинтеграции: можно ли
восстановить глобальное сотрудничество? S.158-172.

Миропольский, Д.: Капитал, план и перспективы перехода к коммунизму: дискуссионные оценки политико-экономических школ. S.21-41.

Ячин, С. & Фецов, С.: Труд овеществлённый и труд воплощённый: чего не учитывает современная статистика труда и занятости. S.42-57.


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