Du hast doch ein Ziel vor Augen: Utopien simulieren (1/2)

Wie allgemein bekannt hat Karl Marx die utopischen Sozialisten dafür kritisiert, dass sie sich Systeme für ein vermeintlich perfektes Leben ausgedacht haben, an denen sie die Wirklichkeit gemessen haben, anstatt aus der Logik der Wirklichkeit heraus eine Kritik der bürgerlichen Produktionsweise zu entwickeln. Einige Marxist*innen sehen jedoch in einer zu starren Interpretation des Gangs von der Utopie zur Wissenschaft den Verlust der Perspektive und des Auswegs aus der Affirmation des Bestehenden. Die aktuelle Ausgabe der Review of Evolutionary Economics hat verschiedene Aufsätze über die wissenschaftliche Kartographierung postkapitalistischer Utopien versammelt. Sowohl marktsozialistische, partizipative oder cyberkommunistische Modelle wurden hier hinsichtlich ihrer Operationalisierbarkeit und Aussagekraft geprüft; mit einigen spannenden Erkenntnissen und vielen offenen Fragen.

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Marxismus und Antisemitismus

Die Historical Materialism versammelte in einer Doppelausgabe verschiedene Aufsätze, welche die Ferne von Marxismus und Antisemitismus nicht als gegeben betrachten. Das bedeutet nicht, dass die Autor*innen Marxist*innen per se unterstellen, antisemitisch zu sein. Aber sie erkennen in der großen Mehrheit doch eine Problemlage an. Sind solche Ansätze auch fruchtbar? An dieser Stelle sollen einige der Aufsätze vorgestellt werden.

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Zur Klassenanalyse der Bauern

Die aktuellen Bauernproteste haben gezeigt, dass die Bauernschaft als politisches Subjekt nicht ganz aus dem Fokus der Linken verschwinden sollte. Paramjit Singh und Mukesh Kumar von den Universitäten in Panjab und Toronto haben den Exploitation-Index zur Kategorisierungen der bäuerlichen Klassen in Indien untersucht. Ist jeder, der Landarbeiter*innen anstellt, gleich ein Ausbeuter? Reicht die Fläche des Bodens aus, um auf die soziale Stellung zu schließen? Und wie wirkt sich die zunehmende Mechanisierung in der Landwirtschaft aus?

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Ausblick auf die Rosa-Luxemburg-Konferenz 2024: Torkil Lauesens globale Perspektive

Am 13. Januar 2024 findet zum 29. Mal die Rosa-Luxemburg-Konferenz der Tageszeitung junge Welt unter dem Motto »Wem gehört die Welt?« im Tempodrom in Berlin statt. Sie wird als Livestream übertragen, Tickets sind aber noch an der Tageskasse erhältlich. Die große thematische Klammer wird die Bewertung des zeitgenössischen Antiimperialismus sein. Mit Fikrejesus Amahazion wurde ein Menschenrechtsforscher aus Eritrea, mit Sevda Karaca ein türkische Abgeordnete der Arbeiterpartei und mit Ignacio Ramonet eine zentrale Figur des Weltsozialforums eingeladen. Jeremy Corbyn wird gemeinsam mit anderen britischen Aktivisten eine Manifestation abhalten. Das Programm ist also recht bunt gemischt und keinesfalls ausschließlich marxistisch oder kommunistisch. Als dezidierten Kommunisten könnte man wohl noch am ehesten Torkil Lauesen bezeichnen, der über die Frage, wie Widerstand, praktische Solidarität und Antiimperialismus heute zu organisieren seien, referieren wird. Sein Buch Die globale Perspektive wurde letztes Jahr beim Unrast-Verlag aus dem Dänischen ins Deutsche übersetzt. Wir nutzen seine Einladung, um die zentralen Thesen des Buches vorzustellen und einen kleinen Vorgeschmack auf die Konferenz zu geben.

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Paschukanis in Form gebracht

Eugen Paschukanis war neben den Grundrissen eine der großen (Wieder)Entdeckungen der Neuen Linken. Nach dem Sieg der Roten Armee über den Hitlerfaschismus war es der bundesrepublikanischen Bourgeoisie gelungen, einen integrativen Staat aufzubauen, der große Teile der Arbeiter*innenklasse das erstmals ideologisch vereinnahmen konnte. Der schwedische Menschenrechtsforscher Carl Wilen versuchte in der Capital & Class, Paschukanis’ Ansatz neu zu systematisieren. Er unterschied nicht nur logische und historische Form des Rechts, sondern auch die verschiedenen Abstraktionsebenen, um sie in einen gemeinsamen dialektischen Kontext zu setzen.

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