Im Reich der Bäckermeister und Vampire: Karl Marx und die Nachtarbeit

Nachtarbeit ist ein Thema, über das die Linke kaum redet. Sie gilt als notwendig: bei der Pflege, im Gesundheitswesen oder im Öffentlichen Personennahverkehr. Und sie gilt als individuelles Problem. Auch Karl Marx setzte sich im ersten Band des Kapitals mit der Nachtarbeit auseinander. Seine Ausführungen hierzu zählen zu den eher unbekannteren. Ein tieferer Blick in das Kapitel über den absoluten Mehrwert lohnt aber. Über Subsumtion der Natur unter das Kapital, deskriptive Empirie und die Vampirmetapher bei Marx schrieb Paul Apostolidis.

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Der Große Eisenbahnschwindel (2/2): vom politökonomischen Schiff des Theseus

Fortsetzung vom Mittwoch. Im ersten Teil dieses Artikels wurde Robert Bryers Konzeption einer marxistischen Beschreibung des Großen Eisenbahnschwindels von 1844 bis 1848 eingeführt. Nun soll entlang der Kritik an seiner Darstellung nochmals der Wirkungsmechanismus einer materialistischen Betrugstheorie vertieft werden und anschließend die empirische Evidenz für Bryers Interpretation vorgestellt werden.

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Der Große Eisenbahnschwindel (1/2): War Marx Verschwörungstheoretiker oder Debunker?

Krisen sind die idealen Nährböden von Verschwörungstheorien. Wenn der eigentlich so effiziente Kapitalismus in die Krise gerät, können sich insbesondere bürgerliche Ökonomen dies nur mit dem verbrecherischen Handeln einzelner Akteure erklären und nicht aus der Systematik der Ökonomie selbst. Um so erstaunlicher mutet es an, dass Marx im dritten Bank des Kapitals selbst vom „Großen Eisenbahnschwindel“ 1844-48 in Großbritannien schreibt. Robert Bryer, Fachmann einer historisch-materialistischen und arbeitswertzentrierten Geschichtsschreibung der Buchhaltung, hat 1991 beschrieben, wie das eigentlich zusammenpasst: Betrug und Krise bei Marx.

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Transformationsproblem für Dummies (Sozialwissenschaftler*innen)

Jude Kadri, Autorin eines exzellenten historisch-materialistischen Abrisses über die jüngere jemenitische Geschichte, hält das Transformationsproblem genau für ein Problem, dass einen realen Widerspruch aufzeigt, der nicht auszurechnen ist, sondern sich praktisch als Krise entlädt. Sie behauptet, dass der Nachweis des Fehlens einer eindeutigen algebraischen Lösung des Marxschen Konzepts der Umrechnung von Werten in Preise durch Bortkiewicz Marx nicht widerlegt, sondern diesen bestätigt. Die Aufstellung eines Gleichungssystems reproduziere den Fetisch, dass Arbeiter*innen und Kapitalisten einfach ihren gerechten Anteil des Wertes einer Ware erhielten. Sie argumentiert dabei ganz ohne Gleichungssysteme und dicke Tabellen mit vielen Zahlen, womit dem Transformationsproblem normalerweise auf den Pelz gerückt wird.

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Im Takt des Geldes? Im Takt der Produktion.

Die Geldmengenpolitik der Europäischen Zentralbank war eines der am heißesten diskutierten Finanzthemen des letzten Jahrzehnts. Junshang Liang und Chengwei Tang haben in der Review of Radical Political Economics aus dem 15. Kapitel des zweiten Kapital Bandes Marxens Konzept des freigesetzten Geldkapitals bei kontinuierlicher Produktion hervorgeholt. Sie argumentieren, dass dieses einen wesentlichen Teil der Geldmenge aus dem Verhältnis von Produktions- und Zirkulationszeit der Waren erklären kann.

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Hier fängt das Manuskript an (1/2)

Es ist im wahrsten Sinne des Wortes ein MEGA-Projekt. Die zweite und grunderneuerte Marx-Engels-Gesamtausgabe hat sich zum Ziel gesetzt, wirklich den vollständigen schriftlichen Nachlass von Karl Marx und Friedrich Engels zu edieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Insbesondere in den USA hat die Veröffentlichung der Manuskripte und Vorarbeiten zu den Kapital-Bänden viele Diskussionen neu angestoßen. Kenji Mori untersuchte ein Manuskript, dass den Einfluss der Umschlagszeit auf das fixe und zirkulierende Kapital untersuchte.

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Werden Memer ausgebeutet?

Memes sind lustige popkulturelle Anspielungen, in denen ein Bild seinem Kontext entrissen und mit einer neuen Botschaft in Zusammenhang gesetzt wird. Noch verstecken sich hinter Memes keine großen Medienkonzerne, die mit diesen Milliarden scheffeln, auch wenn Memes gerne zu Werbezwecken eingesetzt werden. Dennoch haben einige Memeseiten auf Facebook, instagram oder X hunderttausende bis Millionen Follower, was sich monetarisieren lässt. Dabei werden die Memes meist von der Community in der freien Zeit der Follower selbst erstellt. Dass sich Geld mit den kostenlosen Aktivitäten von Usern verdienen lässt, hat einige Theoretiker*innen zu der Annahme veranlasst, hier handele es sich um Ausbeutung.

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Space & Communism statt Space Communism: Der chinesische Sozialismus in der ausbleibenden Weltrevolution

Man braucht kein großer Kritiker Xi Jinpings oder der Kommunistischen Partei Chinas zu sein, damit einem auffällt, dass der Sozialismus in der Volksrepublik wenig mit dem gemeinsam hat, was Karl Marx vor Augen gehabt hat. Seit 45 Jahren betreibt das Land einen beständigen marktwirtschaftlichen Öffnungskurs, alte Klassenstrukturen haben sich verfestigt,neue sind entstanden, anstatt abzusterben und chinesisches Kapital wird fleißig in die halbe Welt exportiert. Gibt es daher noch irgendetwas sozialistisches an China außer historische Bezüge und rote Fahnen? Zu Erörterung sind marxistische Stimmen aus China selbst von großer Bedeutung.

Renjiang Chen von der Akadamie des Marxismus in Beijing erläuterte den chinesischen Weg zum Kommunismus durch eine Diskussion des Zusammenhangs von Raum und Sozialismus.

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Marxismus und Antisemitismus

Die Historical Materialism versammelte in einer Doppelausgabe verschiedene Aufsätze, welche die Ferne von Marxismus und Antisemitismus nicht als gegeben betrachten. Das bedeutet nicht, dass die Autor*innen Marxist*innen per se unterstellen, antisemitisch zu sein. Aber sie erkennen in der großen Mehrheit doch eine Problemlage an. Sind solche Ansätze auch fruchtbar? An dieser Stelle sollen einige der Aufsätze vorgestellt werden.

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