Die Dekommunisierung frisst ihre Kinder

Die Zerstörung sowjetischer Symbolik im öffentlichen Raum hat nach den Jahren um 1990 im Zuge des Ukraine-Konflikts ein zweites Mal an Fahrt angenommen. Łukasz Wiktor Olejnik zeigte in der European Politics and Society, dass der Prozess jedoch umstritten ist. Obwohl der Antikommunismus in Polen fester Bestandteil der modernen Nationalerzählung ist – nahezu gleichrangig mit dem Katholizismus –, hat sich die regierende konservative PiS-Partei nicht nur Freunde mit ihren Gesetzen zur Tilgung des sozialistischen Erbes gemacht. In die Wahlgebieten, in denen Straßennamen sehr strikt geändert wurden, hat sie anteilig weniger Wähler*innen in den letzten Jahren gewonnen als in anderen Wahlkreisen. Warum ist das so und was sind die Hintergründe der polnische Kommunisierung und Dekommunisierung?

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Durch Multipolarität zum Sozialismus

Das Treffen der BRICS-Staaten in Südafrika ist nunmehr Geschichte und es wird über die Ergebnisse diskutiert.. Mit der Aufnahme von Ländern, die als eher amerika- und EU-freundlich gelten (wie Saudi-Arabien ­oder Argentinien) hat sich die BRICS jedenfalls weniger als Gegenpol zu den imperialistischen Zentren als mehr als Neugründung einer Blockfreienbewegung 2.0 inszeniert. 2021 verfasste eine Gruppe linker Wissenschaftler*innen zum 60. Jahrestag der originalen Bewegung ein multipolares Manifest. Die International Critical Thought veröffentlichte knapp zwei Jahre später eine kritische Einschätzung der damaligen Autor*innen und Unterzeichner*innen, die auch den mittlerweile ausgebrochenen Ukrainekrieg mit einbezieht.

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Never mind the Durchschnittsprofitrate. Here ist the Durchschnittsmehrwertrate.

Die Diskussion um die durchschnittliche Profitrate und ihre Rolle in der Preisbildung nach Marx ist den meisten interessierten Marxist*innen bekannt. Weniger bekannt hingegen ist, dass Marx auch für eine Angleichung der Mehrwertraten in den verschiedenen Industrien argumentierte. Viel Gerede in der Linken von der besonderen Ausbeutung dieser oder jener Fraktionen der Arbeiter*innenklasse wäre damit zumindest langfristig hinfällig. Während die Theorie des Ausgleichs der Mehrwertraten zur Entstehungszeit des Kapitals so populär war, dass sie Marx nicht besonders herausstellen musste, hat sich jedoch auch im Laufe des 20. Jahrhunderts Kritik geregt.

Jonathan Cogliano hat im Cambridge Journal of Economics eine kleine Einführung in Marxens Theorie einer Durchschnittsmehrwertrate gegeben. Er diskutierte dabei nicht nur die Stichhaltigkeit und die Ideengeber von Marx, sondern auch, warum die Diskussion um die Durchschnittsmehrwertrate im Marxismus nur eine nebensächliche Rolle spielte.

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Das Plattform-Profit-Puzzle

Es ist Brauch der Bourgeoisie, getrieben von der Hoffnung auf immer neue Quellen des Profits, aller paar Jahre eine neue Sau durchs Dorf zu treiben. In letzter Zeit war dies neben der Industrie 4.0 die Plattformökonomie. Für die Linke stellten die Plattformen zunächst ein großes Problem dar. Da die Arbeiter*innen formell selbstständig waren, konnten Arbeitsschutzrichtlinien kaum angewendet werden. Die Isolierung und Individualisierung der Belegschaften führte zur Schwächung der Kampfkraft. Die Beschäftigungsverhältnisse wurden so zunehmend prekär. Aber auch die Bourgeoisie musste in den vergangenen Jahren Kröten schlucken. Denn das eigentliche Ziel – satte Profite – blieb aus. Aber warum eigentlich? Zhongjin Li und Hao Qi haben in der Review of Radical Economics das Puzzle der Profitbildung in der Plattformökonomie zusammengesetzt.

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Epidemie Depression und der Wert des Lebens

Welchen Wert haben Medikamente und Krankheiten in verschiedenen Kulturen? Warum wird Depressionen im Westen ein ganz anderer Wert beigemessen als im Osten? Und wie kommt er überhaupt zustande; der Wert? Stefan Ecks entwickelte in seinem Buch “Living Worth: Value and Values in Global Pharmaceutical Markets” ein Konzept des Wertes, mit dem er auch den Begriff von Karl Marx zu widerlegen glaubt.

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Internationalismus international

Einer der wichtigsten Kernwerte der sozialistischen Bewegung steht momentan zur Disposition: die internationale Solidarität. Das bürgerliche Lager hat den Ukraine-Krieg zum Anlass genommen, militärische Hilfe für die Ukraine als Ausdruck internationaler Solidarität zu framen. Pazifist*innen, die sich dagegen stellen, wird ihr Internationalismus abgesprochen.
Im Millenium: Journal of International Studies hat Miri Davidson mit Dilar Dirik, Musab Younis, Maria Chehonadskih und Layli Uddin gesprochen. Alle vier beschäftigen sich mit Akteur*innen und Bewegungen, die dem proletarischen Internationalismus zugerechnet werden können und versuchen ihre Ergebnisse zusammenzubringen.

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Hippies, Nerds und Kommunisten … und Empanadas

Evgeny Morozov erzählt in seinem neusten Podcast The Santiago Boys die Geschichte eines der ambitioniertesten Projekte der sozialistischen Linken aller Zeiten. Das ist die Geschichte von Cybersyn. Das ist die Geschichte von Allende. Und es ist die Geschichte seines Sturzes. Er zeichnet Figuren nach. Er erläutert Hintergründe. Er weckt Emotionen. Und er stellt die Frage nach der Dialektik zwischen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, zwischen politischen Problemen und technologischen Lösungen am historischen Fall der Regierung Allende in Chile ganz konkret.

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Das allgemeine Gesetz der kolumbianischen Akkumulation

Carlos Alberto Duque Garcia beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Marxschen allgemeinen Gesetz der kapitalistischen Akkumulation. Er versucht dabei nicht nur, durch verschiedene moderne statistische Methoden die Gültigkeit dieses Gesetzes zu belegen, sondern beackert auch vielseitig den methodischen Boden für die empirische marxistische Forschung. In seinem aktuellsten Aufsatz hat er mit Hilfe der Vektor-Fehlerkorrektur den Zusammenhang von Profiten, akkumuliertem Kapital, Produktivität und Arbeitslosigkeit in der kolumbianischen Ökonomie untersucht.

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