The American-Yugoslav Way of Life

Sozialistische Staaten und kommunistische Parteien sind die Todfeinde der globalen Bourgeoisie. Zumindest in der Theorie. In der historischen Realität hat es weit mehr Kooperation und Verständigung über Systemgegensätze hinweg gegeben, als man vermuten mag. Im Laufe der Jahrzehnte sind dabei einige interessante Geschichten entstanden, wie markt- und planorientierte Unternehmen miteinander, gegeneinander und aneinander vorbei gearbeitet haben.
Eine von diesen Geschichten ist das Engagement der Ford Foundation in Jugoslawien. Sie erzählt ein Kapital aus dem Kalten Krieg, in dem es um Wandel durch Annäherung, kybernetische Utopien und unterschiedliche Sichtweisen über die gesellschaftliche Entwicklung geht. Vladimir Kulić hat sie in den Planning Perspectives Revue passieren lassen. Eine kleine Zusammenfassung.

Weiterlesen

Brody Buildung

Die Wunderwelt der Mathematik hält einiges an Magie bereit. So kann es manchmal kommen, dass ein Problem umso einfacher zu lösen ist, je komplexer es wird. Das klingt verlockend. Noch verlockender klingt es, wenn sich dieses Prinzip auf die Berechnung von Volkswirtschaften erstrecken lässt. Schließlich wird die Komplexität moderner Ökonomien gerne als Gegenargument gegen eine Planwirtschaft ins Feld geführt. Brodys Vermutung von 1997 sagt aber genau dies aus: Der Gleichgewichtszustand einer Leontieff-Matrix, also eines riesigen Zahlenpaketes, das sämtliche Produktion und Konsumtion einer Gesellschaft auflistet, ist umso leichter zu berechnen, je größer die Matrix ist. Anwar Shaikh, Luiza Nassif-Pires und José Alejandro Coronado haben in der aktuellen Economic Systems Research über 300 Matrizen aus realen Wirtschaftsdaten untersucht.

Weiterlesen

Das gute Leben im Falschen – Zur Aktualität Mariateguis

Schutz und Einheit mit der Natur, Verbundenheit mit der Gemeinschaft, Spiritualität, ein gutes Leben in Selbstbestimmung … dafür steht der Begriff des Sumak Kawsay der Andenvölker Südamerikas. Viele Linke und Sozialist*innen erblicken in diesem einen Weg zu einem kommunitarischen Sozialismus, der gleichzeitig der ökologischen Krise und dem globalen Imperialismus entgegengesetzt werden kann. Bereits vor hundert Jahren entwickelte der peruanische Marxist Jose Carlos Mariategui die Konzeption eines Sozialismus, der indigene Traditionen in sich aufnimmt. Die Latin American Perspectives haben die Theorie Mariateguis im Spiegel aktueller Entwicklungen auf dem lateinamerikanischen Kontinent interpretiert. Sie zeigen, dass sich Entwicklungen zwischen Linken und Indigenen weit konfliktreicher abgespielt haben, als es nach Mariategui zu erwarten wäre.

Weiterlesen

Amerikas erster Marxist

Er gilt seit der Biografie des kommunistischen italienischen Literaturprofessors Antonio Melis als „der erste Marxist“ Amerikas. Dabei war Jose Carlos Mariategui gewiss nicht der erste, der Marx auf dem amerikanischen Doppelkontinent las oder sozialistische revolutionäre Bewegungen ins Leben rief. Er entdeckte Marx Anfang der 1920er Jahre sogar recht spät. Er war auch sehr wahrscheinlich neben den argentinischen, brasilianischen, chilenischen, kubanischen, mexikanischen oder US-amerikanischen Genoss*innen weder zu Lebzeiten, noch danach der bedeutendste Marxist in diesem Teil der Erde. Und dennoch verfolgt das Attribut sämtliche Schriften über ihn. Die aktuellen Latin American Perspectives haben ihm und der aktuellen Rezeption seiner Gedanken eine ganze Ausgabe gewidmet. In zwei Teilen soll hier zunächst ein Überblick über Biographie und Theorie Mariateguis gegeben werden und im zweiten Teil seine Bedeutung für die Probleme der Gegenwart diskutiert werden.

Weiterlesen

Die globale Rechte zwischen Konservatismus und Faschismus

Das vergangene Jahrzehnt war die Hochzeit der Neuen Rechten. Vom Front National bis zum Einigen Russland, von den Schwedendemokraten im Norden bis hin zum Bolsonaro-Regime im Süden. Überall bestimmte die Rechte Diskurse, erzielte Wahlerfolge und erzeugte Angst vor einem aufkommenden Neofaschismus. Die beiden Soziologen Mihai Varga aus Berlin und Aron Buzogány aus Wien haben in der aktuellen Critical Sociology die ideologischen Grundlagen der Neuen Rechten näher analysiert.

Weiterlesen

Protest in Translation

Der „heiße Herbst“ kommt langsam ins Rollen. Doch die Verhältnisse sind kompliziert. Auf Seiten der Linken besteht eine permanente Angst, man könne sich von rechts vereinnahmen lassen. Daher ist es ungeheuer wichtig, sich mit der aktuellen Protestforschung und marxistischen Interpretationen des ideologischen Überbaus moderner kapitalistischer Gesellschaften auseinanderzusetzen.
Eine Theorie, welche hier Beachtung finden sollte, ist die so genannte Regulationstheorie. Sie analysiert, wie sich Gesellschaften politisch, ökonomisch, sozial, ideologisch und ökologisch aufstellen, um Krisen hinauszuzögern, gesellschaftlichen Konsens zu erzwingen und Proteste zu vermeiden.

Weiterlesen

Institute: Die spanische CibCom und ihre neue Broschüre

Dieser Blog möchte neben aktuellen Aufsätzen auch hin und wieder Personen und Institute vorstellen, die für die zeitgenössische marxistische Diskussion relevante sind. Unter Institut wird dabei nicht nur eine rein universitäre Arbeitsform begriffen, sondern alle Arten von Arbeitsgruppen, die sich strukturiert und wissenschaftlich mit Problemen sozialistischer und kommunistischer Theorie und Praxis beschäftigen. Heute soll die Gruppe CibCom vorgestellt werden, eine spanischstämmige Arbeitsgruppe aus jungen Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen, die sich hauptsächlich mit Fragen demokratischer und ökologischer Wirtschaftsplanung auseinandersetzen

Weiterlesen

Enough is enough – die Übergewinnsteuerstudie der RLS

Die Linkspartei verspricht momentan einen heißen Herbst. Im Kern ihrer Forderungen steht eine Übergewinnsteuer, die laut einer medial viel beachteten Studie bis zu 100 Mrd. Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen spülen könnte. Kritiker*innen von links würden die Konzerne lieber heute als morgen enteignen und damit die Gewinne dauerhaft umverteilen. Im Folgenden soll die Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung kurz vorgestellt werden und in die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie eingeordnet werden. Erstellt wurde sich vom Netzwerk Steuergerechtigkeit im Auftrag der RLS. Die beiden Autoren Christoph Trautvetter und David Kern-Fehrenbach versuchten in dieser, die Höhe einer Übergewinnsteuer auf Öl, Gas und Strom abzuschätzen und juristische wie praktische Aspekte zu beleuchten.

Weiterlesen

Howard Zinn und der Marxismus

Am 24. August 1922 wurde Howard Zinn geboren. Sein Buch A People’s History of the United States war eines der bedeutendsten und meistgelesenen Bücher der amerikanischen Linken. Das Buch, dass in Kolumbus nicht den Helden, sondern den Räuber indigenen Landes; in den Gründervätern nicht Vorbilder, sondern einen Club von Sklavenhaltern und jede demokratische Errungen als Ergebnis blutiger Klassenkämpfe sah, wurde und wird bis heute an Colleges und High Schools von Millionen gelesen und diskutiert. Für das FBI und die politische Rechte in den Vereinigten Staaten war klar, dass Zinn ein Kommunist, zumindest ein Marxist sein musste. Aber war Zinn tatsächlich einer? Wie nahm er Marx war? Und wie nahmen Marxist*innen Zinn wahr? Teil 2 (Teil 1: hier) der kleinen Serie zum hundertsten Geburtstag von Howard Zinn.

Weiterlesen

Howard Zinn: Der Gründungsvater der Wokeness wird 100

Howard Zinn wird am 24. August 2022 einhundert Jahre alt. Sein Buch A People’s History of the United States, dass die Geschichte der USA aus Sicht der werktätigen Klassen erzählt, prägte die Neue Linke in den Vereinigten Staaten. Als Aktivist war er maßgeblich in der Bürgerrechts- und Antikriegsbewegung aktiv. Er selbst stammte aus einer jüdischen Arbeiter*innenfamilie, nahm als Bomberpilot am Zweiten Weltkrieg teil und konnte nur dank eines Veteranenprogramms studieren. Anlässlich seines hundertsten Geburtstag erscheint heute ein biographischer Abriss und am Donnerstag ein Diskussion des Verhältnisses von Zinn zum Marxismus.

Weiterlesen