Das bikammerale Unternehmen

Von den am BIP gemessenen 100 größten Ökonomien der Welt sind nur 29 Nationalstaaten. Der Rest sind transnationale Konzerne. Walmart ist größer als Spanien; Apple größer als Indien. Während nur ein Teil dieser 29 Staaten als demokratisch bezeichnet werden kann, so ist es in jedem Fall keiner dieser Konzerne. Diese undemokratischen Wirtschaftssubjekte wiederum schaden durch ihre Macht nicht nur den politischen Demokratien, sie üben auch undemokratische Macht über die Arbeiter*innen am Arbeitsplatz aus. Da das Ende des Kapitalismus gefühlt noch ferner in der Zukunft liegt als das Ende der Welt, haben sich verschiedene heterodoxe Ökonom*innen mit der Frage befasst, wie man innerhalb marktwirtschaftlicher Mechanismen Konzerne demokratisieren könne.
Die aktuelle Ausgabe der Politics & Society widmete sich in mehreren Aufsätzen dem Ansatz der Bikammeralität. Das von Isabelle Ferreras entwickelte Konzept sieht eine eine Art Zwei-Kammer-Parlament für größere Unternehmen vor, in welchem die Arbeiter*inne genauso viel zu bestimmen hätten, wie die Aktionäre. Dafür gab es Lob und Kritik.

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Rezension: Spezialoperation und Frieden (Ewgeniy Kasakow)

Russland ist ein Land, in dem es offiziell keine Kriegsbefürworter*innen gibt. Denn es gibt offiziell keinen Krieg. Kundgebungen für die Spezialoperation zu organisieren, ist ebenfalls nicht erwünscht. Politischer Aktivismus würde ja bedeuten, es handle sich um eine große Sache. Es ist für dem Kreml aber keine große Sache. Doch auch, wenn es weder Krieg noch Kriegsfreunde in Russland gibt, es gibt Kriegsgegner*innen. Auch wenn diese erst recht nicht protestieren dürfen.
Ewgeniy Kasakow hat in seinem Buch Spezialoperation und Frieden die Positionen der linken Kriegsgegner*innen zusammengetragen. Dazu hat er Interviews geführt, Quellen ausgewertet und die Geschichte einer zersplitterten politischen Bewegung aufgerollt. Herausgekommen ist eine Mischung aus politischer Enzyklopädie, Essaysammlung und kommentiertem Zeitgeschehen.

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